Halbleiter überrascht mit unerklärlichem Verhalten

Ein Musterknabe benimmt sich daneben, und keiner weiß, warum: Marburger Physiker sind beim Experimentieren mit Halbleitern auf ein abweichendes Verhalten gestoßen, das sich nicht mit den bekannten physikalischen Mechanismen erklären lässt. Das benutzte Halbleitersystem dient als Modell für technische Anwendungen, bei denen ein Elektronenübergang an Grenzflächen stattfindet, was für fast alle elektronischen und optisch-elektronischen Geräte zutrifft. Die Forschergruppe von der Philipps-Universität Marburg berichtet über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Physical Review Letters“.

Leuchtdioden und viele andere optoelektronische Bauelemente, die wir tagtäglich verwenden, enthalten Halbleiterquantenfilme, das sind dünne Schichten, die zwischen anderen Materialien eingebettet sind. „Lichtteilchen können von diesen Nanoschichten absorbiert werden“, erläutert der Marburger Physikdoktorand Markus Stein, Erstautor des aktuellen Fachaufsatzes. Dabei gibt es Absorptionslinien, also Wellenlängen bei denen die elektromagnetische Strahlung besonders gut absorbiert wird. „Es ist seit langem bekannt, dass diese Linien schwächer und breiter werden, wenn man das Halbleitermaterial bestrahlt“, führt Stein aus.

Der Nachwuchswissenschaftler fand nun heraus, dass die Linien unter bestimmten Bedingungen auch stärker und schmaler werden können. „Das ist ein für uns völlig unerwarteter Effekt“, sagt Professor Dr. Martin Koch, der die Marburger Arbeitsgruppe Halbleiterphotonik leitet, in der Stein derzeit seine Doktorarbeit anfertigt: „Alle Erklärungsversuche auf der Grundlage bekannter physikalischer Mechanismen versagen.“

Für seine Experimente verwendete Stein Material, das die Arbeitsgruppe Halbleiterepitaxie herstellt hat, die von Professor Dr. Wolfgang Stolz geleitet wird. Die Proben enthalten Quantenfilme, die Stein mit einem kurzen Laserpuls anregte, der nach etwa einer Nanosekunde zur einer verstärkten Absorption führte.

Die untersuchten Halbleiter taugen als Muster für Materialsysteme, bei denen eine räumliche Ladungsübertragung stattfindet, was zum Beispiel für das Funktionieren von Solarzellen unerlässlich ist. Daher vermutet Koch, dass die Fachwelt das neue Phänomen zum Anlass nimmt, um weitere Experimente durchzuführen und die Befunde theoretisch zu erklären. Technische Anwendungen sind nicht auszuschließen, liegen aber einstweilen noch in ferner Zukunft.

Grafik: Markus Stein bereitet das Experiment vor, das die ungewöhnlichen Eigenschaften des verwendeten Halbleiters zutage förderte.
Foto: Rolf Wegst

Softwareschutz messbar machen

Softwareschutztechniken kommen sowohl in kommerziellen Programmen, als auch in Schadsoftware zum Einsatz. Ihre Aufgabe: Die Analyse des Programmcodes durch Angreifende schwieriger zu machen. Bisher ist die Stärke dieser Schutzmethoden allerdings nicht eindeutig messbar. Das Institut für IT Sicherheitsforschung der FH St. Pölten arbeitet im Projekt EMRESS gemeinsam mit der belgischen Universität Gent an einer Lösung dieses Problems: Mittels quantitativer Vorhersagemodelle soll die Messbarkeit von Softwareschutzmechanismen sowohl in der Theorie als auch in der Praxis signifikant verbessert werden.

Softwareschutztechniken wie Code Obfuscation („Code-Verschleierung“) sollen Software schützen, indem sie die Programmcodes absichtlich komplizierter und deren Analyse für AngreiferInnen somit schwieriger machen. Obwohl diese Techniken bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten erforscht und in der Praxis vielfach verwendet werden, gibt es bis jetzt keine belastbaren Modelle, die die Stärke der Schutzmechanismen ermitteln können.

„Das Fehlen solcher Modelle ist höchst problematisch – zum einen für Softwareanbieter, denen automatisierte Entscheidungssysteme für die Wahl der optimalen Schutzstrategie für ihre Software fehlt, und zum anderen für Schadsoftware-Analystinnen und -Analysten, die je nach eingesetzter Schutztechnik die passende Analysestrategie festlegen müssen“, erklärt Sebastian Schrittwieser, Projektleiter und Leiter des Josef Ressel Zentrums TARGET an der FH St. Pölten.

Messfaktoren „Resilience“ und „Stealth“

Im Projekt EMRESS entwickelt Schrittwieser mit seinem Team quantitative Prädiktionsmodelle, die die Stärke von Softwareschutztechniken in Bezug auf die beiden Eigenschaften „Resilience“ (Stärke des Schutzes gegenüber verschiedenen Analysestrategien) und „Stealth“ (Verdecktheit des Schutzes) ermitteln sollen. Die Quantifizierbarkeit der „Resilience“ soll durch die Entwicklung neuartiger Modelle und Metriken geschehen, die prognostizieren können, inwieweit ein/e SoftwareanalystIn bestehende Schutzmechanismen durch die Verwendung von State-of-the-art-Tools und Software-Analysetechniken rückgängig machen kann. Die „Stealth“ von Softwareschutzmechanismen soll durch die Entwicklung von neuartigen Techniken zur Identifikation von Codebereichen in Software quantifizierbar gemacht werden.

Theoretische Grundlagen als Basis

In beiden Forschungsbereichen bilden umfangreiche Literaturstudien die Grundlage, mit denen der Wissensstand der Forschung über das Wettrüsten zwischen Softwareschutz und Programmanalyse in der Theorie beschrieben wird. Daraus sollen Eigenschaften von Programmcodes abgeleitet werden, welche zur Quantifizierung der Stärke der eingesetzten Schutzmechanismen – und im Kontext von Schadsoftware zur Bestimmung der Art der eingesetzten Schutzmechanismen – genutzt werden können. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern die Grundlage der Modellbildung.

Wissensstand nachhaltig verbessern

Um die Hypothesen der Modellbildung zu überprüfen, werden im Anschluss prototypische Implementierungen von Software-Schutzkonzepten und Analysemethoden praktischen Tests unterzogen.

„Die Ergebnisse des Projekts sollen den wissenschaftlichen Wissensstand im Bereich der Quantifizierung von Softwareschutzmechanismen sowohl in der Theorie als auch in der Praxis signifikant verbessern. Weiters werden positive Effekte für die Forschungsfelder des Software-Testens und der Software-Assurance erwartet“, erklärt Schrittwieser.

IT-Sicherheit beim autonomen Fahren

Neue Methode für sicheren Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen mittels Funkdaten

Neue technische Errungenschaften wie das Internet der Dinge oder die direkte drahtlose Kommunikation zwischen Objekten erhöhen den Bedarf an effizienter Verschlüsselung und Informationssicherheit. Ein Projekt der FH St. Pölten entwickelt derzeit ein neues Verfahren zur Verschlüsselung von Daten für den Bereich des autonomen Fahrens und das Internet der Dinge. Die Technik soll auch mit in Zukunft verfügbaren neuen Computer-Technologien noch sichere Kommunikation ermöglichen.

Beim autonomen Fahren müssen Fahrzeuge miteinander kommunizieren, also Informationen austauschen. Manipulierte Kommunikation ist hier nicht nur eine Frage der IT-Sicherheit, sie kann Menschenleben gefährden. Ein wesentlicher Punkt in der Kommunikation zwischen den Fahrzeugen ist die sichere Verschlüsselung der Information.

Bisher werden für das Verschlüsseln mathematische Verfahren eingesetzt. Doch digitale kabellose Kommunikation mit sensiblen Daten wie beim Internet der Dinge (IoT) oder dem autonomen Fahren erfordert neue Verfahren, die auch bei zukünftigen Technologien, wie z. B. Quantencomputern, noch sicher sind. Dafür entwickelt das von der FH St. Pölten durchgeführte Projekt „KIF – Kryptografie mit Integration von Funkmessdaten“ nun einen neuen Ansatz. Statt mathematischer Verfahren zum Genieren der Schlüssel werden Funkdaten genutzt.

„Verkehrsinfrastruktur wird für mindestens 20 Jahre ausgelegt. In spätestens 15 Jahren werden Quantencomputer mit ausreichenden Geschwindigkeiten für die praktische Anwendung erwartet. Derzeitige Verfahren zur Objekt-/Daten-Authentifizierung und Datenintegritätsprüfung sind dann aus Sicherheitsgründen nicht mehr verwendbar. Daher suchen wir bereits jetzt nach einer quantencomputersicheren Methode auf Basis physikalischer Methoden, die auch dann noch sicher ist“, sagt Ernst Piller, Leiter des Projekts sowie des Instituts für IT-Sicherheitsforschung der FH St. Pölten.

Funkdaten zum Verschlüsseln von Kommunikation

Basis der neuen Methode ist das Erzeugen und Verteilen von kryptografischen Schlüsseln auf Basis der Messung von Funkkanaleigenschaften einer hochfrequenten Funkübertragung: Bei beiden Objekten (jeweils Sender und Empfänger), zum Beispiel Fahrzeugen, werden Funksignale sowie reflektierende Echos des Signals und deren Verzögerung gemessen.

„Dieses Muster aus Hauptsignal und verzögerten Echos ist zufällig und nur an den beiden Empfängerseiten gleich. Daraus lassen sich Zufallsdaten erzeugen, die zum Generieren des Schlüssels verwendet werden und die von potentiellen Angreiferinnen und Angreifern nicht abgehört werden können“, erklärt Piller.

Piller zufolge gibt es bereits ähnliche Ansätze, das Projekt der FH St. Pölten berücksichtigt aber einige spezifische Faktoren, die für das autonome Fahren gelten und die sichere Kommunikation erschweren: mögliche hohe Fahrzeuggeschwindigkeit, schnell wechselnde Fahrzeuge, hohe Anzahl an Fahrzeugen, meist sehr kurze Kommunikationszeiten und Störungen aus dem Umfeld. Ziel ist ein kostengünstiges Produkt für den praktischen Einsatz.

Projekt KIF – Hochsichere, langzeitige Kryptografie für kabellose Kommunikation mit Integration von Funkmessdaten

Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie im Rahmen des österreichischen Förderprogramms für die Sicherheitsforschung KIRAS finanziert. PartnerInnen im Projekt sind die Cryptas it-Security GmbH, das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA), ASFINAG und Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS).

Schlaflos wegen Handy?

Neue Displays könnten Abhilfe schaffen

Das von Mobiltelefonen ausgehende blaugrüne Farblicht kann bekanntlich beim Einschlafen stören. Dieses Licht lässt sich nun mittels einer neuen Technologie so verändern, dass wir leichter in den wohlverdienten Schlaf sinken können, wie Forschende der Universitäten Basel und Manchester im Fachmagazin «Sleep» berichten.

Kontrolliertes Blaugrün: Links herkömmliches Display mit den Grundfarben Rot, Grün und Blau, rechts neu entwickeltes Display mit der vierten Farbe Cyan.
Rob Lucas, Universität Manchester
Das Team um Prof. Rob Lucas und Dr. Annette Allen von der Universität Manchester sowie um Prof. Christian Cajochen von der Universität Basel haben eine Technologie entwickelt, welche die Displays von Fernsehern, Smartphones, Projektoren, Bildschirmen und Tablets revolutionieren könnte. Damit wäre es für Nachtarbeiter an einem Computer möglich, länger wach zu bleiben – oder aber Handy-fixierten Jugendlichen könnte geholfen werden, besser einzuschlafen.

Blaugrünes Licht regulierbar

Das neue Gerät, das die Forschenden als «melanopisches Display» bezeichnen, ermöglicht es dem Anwender, die Menge an blaugrünem Licht (Cyan) zu kontrollieren. Damit lässt sich gleichzeitig auch das visuelle Erscheinungsbild von Bildschirmen verbessern. Die Technologie wurde mit einem Projektor getestet, den die Forschenden so angepasst haben, dass sie die Menge an Cyanlicht in den Bildern regulieren konnten, ohne die übrigen Farben zu verändern. Möglich wäre die Anwendung auf allen herkömmlichen Display-Typen.

Ein herkömmliches Display beruht jeweils auf den Grundfarben Rot, Grün und Blau, die mit den drei Typen von Lichtrezeptoren der Nervenzellen im menschlichen Auge übereinstimmen. Die Forschenden fügten bei dem neuen Gerät nun als vierte «Primärfarbe» Cyan hinzu, die auf die sogenannten Melanopsin-Zellen im Auge wirkt, welche normalerweise tagsüber Licht wahrnehmen.

Bewertung und Speichelproben

Wenn das Cyanlicht stärker eingestellt war, fühlten sich die elf Teilnehmer der Studie wacher – und wenn es vermindert wurde, waren sie schläfriger. Die Probanden hatten sich einen Film anzusehen, der einmal mit und einmal ohne Cyan produziert wurde. Danach mussten sie bewerten, wie schläfrig sie sich jeweils fühlten. Zudem wurde ihnen Speichelproben zur Messung ihres Melatoninspiegels genommen, wobei bei den Filmen ohne Cyan die Messwerte höher lagen. «Das Hormon Melatonin wird von einer bestimmten Hirnregion, der Zirbeldrüse, produziert, wenn wir abends Dunkelheit wahrnehmen und uns langsam schläfriger fühlen», sagt Christian Cajochen.

«Dieses Ergebnis ist wichtig, da die Regulierung der Exposition gegenüber Cyanlicht beeinflussen kann, wie schläfrig wir uns fühlen», erläutert Rob Lucas die vom Europäischen Forschungsrat finanzierte Studie. «Zudem können wir dieses Wissen nutzen, um die Herstellung von visuellen Displays zu verbessern.» Mitautorin Annette Allen fügt an: «Das neue Displaydesign könnte sogar noch mehr Nutzen haben, denn Bilder mit dieser Technologie wirken ansprechender – ganz ähnlich wie das Salz in der Suppe, die uns ohne weniger schmecken würde.»

Technik mit dem Hirn steuern?

Sensoren auf Gummibärchen gedruckt

Mit Mikroelektroden können elektrische Signale direkt am Gehirn oder Herz gemessen werden. Für solche Anwendungen werden jedoch weiche Materialien benötigt, auf denen die Elektroden bislang nur mit großem Aufwand angebracht werden konnten. Einem Team der Technischen Universität München (TUM) ist es jetzt gelungen, sie direkt auf verschiedene weiche Oberflächen zu drucken.

Team druckt Mikroelektroden-Arrays auf weiche Materialien

Mit vereinten Kräften ist es einem Team der TU München und des Forschungszentrums Jülich gelungen, ein Gummibärchen zu bedrucken. Was zunächst bestenfalls nach einer Spielerei klingt, könnte die medizinische Diagnostik verändern. Und nicht nur die. Mit Sensoren bedruckte Nervenzellen sind ein Weg, Technik mittels Gedanken zu steuern.

Mikroelektroden-Arrays auf Gelatine: Ein Team um Bernhard Wolfrum, Professor für Neuroelektronik an der Technischen Universität München (TUM), hat die Sensoren auf Gummi-Süßigkeiten gedruckt.
N. Adly / TUM

Zum einen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Bernhard Wolfrum kein Bild oder einen Schriftzug gedruckt, sondern ein Mikroelektroden-Array. Diese Bauteile bestehen aus einer großen Zahl an Elektroden und können Veränderungen der elektrischen Spannung in Zellen messen. Diese treten beispielsweise bei der Aktivität von Nerven- oder Muskelzellen auf.

Zum anderen haben Gummibärchen eine Eigenschaft, die für den Einsatz von Miroelektroden-Arrays an lebenden Zellen besonders wichtig sind: Sie sind weich. Mikroelektroden-Arrays gibt es schon lange. In ihrer ursprünglichen Form bestehen sie aus harten Materialien wie Silizium. Im Kontakt mit lebenden Zellen ergeben sich daraus verschiedene Nachteile. Im Labor verändern sich deshalb Form und Zusammenschluss der Zellen. Im Körper können sie Entzündungen auslösen und die Funktionsweise von Organen beeinträchtigen.

Rapid Prototyping mit Tintenstrahldrucker

Mit Elektroden-Arrays auf weichen Materialien lassen sich diese Probleme vermeiden. Dementsprechend intensiv wird an ihnen geforscht. Bislang wird dabei meist auf traditionelle Methoden gesetzt, die relativ langwierig sind und auf kostspielige Speziallabore angewiesen sind. „Druckt man die Elektroden stattdessen, kann man vergleichsweise schnell und günstig einen Prototyp herstellen und ihn ebenso problemlos überarbeiten“, sagt Bernhard Wolfrum, Professor für Neuroelektronik an der TUM. „Solch ein ‚Rapid Prototyping‘ erlaubt ganz neue Arbeitsweisen.“

Wolfrum und sein Team nutzen eine Hightech-Variante des Tintenstrahldruckers. Die Elektroden selbst werden mit kohlenstoffhaltiger Flüssigkeit gedruckt. Damit die Sensoren keine ungewollten Signale aufzeichnen, wird über die Kohlenstoffbahnen eine neutrale Schutzschicht aufgetragen.

Materialien für verschiedene Anwendungen

Das Verfahren erprobten die Forscherinnen und Forscher an verschiedenen Materialien, darunter das weiche Silikon PDMS (kurz für Polydimethylsiloxan), die häufig in biologischen Experimenten verwendete Substanz Agar und schließlich Gelatine, unter anderem in Form eines geschmolzenen und wieder erstarrten Gummibärchens. Jeder dieser Stoffe hat Eigenschaften, die sich für bestimmte Anwendungen besonders eignen. Beispielsweise können mit Gelatine beschichtete Implantate, unerwünschte Reaktionen im Gewebe verringern.

Dass die Sensoren zuverlässige Werte liefern, konnte das Team durch Experimente mit Zellkulturen nachweisen. Mit einer durchschnittlichen Breite von 30 Mikrometern ermöglichen sie darüber hinaus Messungen an einzelnen oder wenigen Zellen, was mit etablierten Druckmethoden schwierig zu erreichen ist.

„Die Schwierigkeit besteht im Feintuning aller Komponenten – sowohl der technischen Einstellungen des Druckers als auch der Zusammensetzung der Tinte“, sagt Nouran Adly, Erstautorin der Studie. „Im Fall von PDMS mussten wir beispielsweise auf einer von uns entwickelte Vorbehandlung zurückgreifen, damit die Tinte überhaupt auf der Oberfläche hält.“

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Gedruckte weiche Mikroelektroden-Arrays könnten in verschiedenen Bereichen zum Einsatz kommen. Sie eignen sich nicht nur für einen Rapid-Prototyping-Ansatz in der Forschung, sondern könnten auch die Behandlung von Patientinnen und Patienten verändern. „In Zukunft könnten ähnliche weiche Strukturen beispielsweise Nerven- oder Herzfunktion im Körper überwachen oder sogar als Schrittmacher dienen“, sagt Prof. Wolfrum. Derzeit arbeitet er mit seinem Team zum einen daran, auch komplexere, dreidimensionale Mikroelektroden-Arrays zu drucken. Zum anderen erforschen sie druckbare Sensoren, die nicht auf Spannungsschwankungen, sondern selektiv auf chemische Substanzen reagieren.

Internet der Dinge

Datenschutz und Sicherheit in Netzwerken verbessern

Das Internet der Dinge bzw. Internet of Things (IoT) ist ein Thema, das auch refixo beschäftigt. Unsere Repaircloud wird gerade um eine IoT-Komponente erweitert.

Es wird in den nächsten Jahren – insbesondere im Zuge von Industrie 4.0 – erheblich an Bedeutung gewinnen und für die Nutzer/-innen alltägliche Realität werden. Doch wie ist es um den Datenschutz und die Sicherheit bestellt? Damit hat sich das Forschungsprojekt „Shield of Things (ShoT)“ der Forschungsgruppe für Netzwerksicherheit, Informationssicherheit und Datenschutz an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) befasst. Gemeinsam mit der Novalyst IT AG, einem mittelständischen Unternehmen, hatte die Forschungsgruppe im Sommer 2015 die Arbeit an dem Forschungsvorhaben aufgenommen. Das Projekt ShoT behandelte die Entwicklung eines multifunktionalen IoT-Gateways zur Anbindung der IoT-Endgeräte. Hauptaugenmerk lag hierbei auf der Generierung des entscheidenden Mehrwerts für die Benutzenden durch fortgeschrittene Sicherheitsfunktionen im Router-Gateway. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen und Privatanwender/-innen, die bis dato aus Sicherheitsbedenken auf den Einsatz von IoT-Lösungen verzichten, kann ShoT eine Alternative bieten. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des ZiM-Programms gefördert.

„Das Internet der Dinge bzw. Internet of Things, kurz IoT, hat es sich zur Aufgabe gemacht, jedem Gerät mittels W-LAN einen Internetzugang zu verschaffen“, so Prof. Dr. Martin Kappes vom Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften der Frankfurt UAS und Leiter der Forschungsgruppe sowie des Projekts. „Das IoT sicherer zu machen, stand im Fokus unseres Projekts.“ Zwischen das Gerät und die Übertragung der Daten in die Cloud wird sozusagen ein Filter gesetzt, der die Daten prüft und nach vorgegebenen Regeln entscheidet, welche Daten in die Cloud weitergegeben werden und welche nicht. Sowohl personenbezogene Daten als auch Firmengeheimnisse können so geschützt werden. Die Regeln können hierbei von den Nutzenden beliebig gestaltet werden. Dabei soll mit wenig finanziellem Aufwand ein Höchstmaß an Sicherheit erreicht werden. Auch für kleine und mittelständische Unternehmen und Privatanwender/-innen bietet die entwickelte Lösung eine kostengünstige Möglichkeit, das IoT voll nutzen zu können.

Im Moment nur Einzellösungen

Gegenwärtig gebe es nur Einzellösungen, die typischerweise die IoT-Daten der Anwender/-innen in Cloud-Diensten speichern, verarbeiten und verwalten. Dies erzeuge erhebliche Sicherheitsbedenken und sei, wie auch die stark begrenzte Interoperabilität der bisher existierenden Insellösungen, ein Hemmnis für die weitere Verbreitung des IoT. Ziel des ShoT-Projekts war deshalb die Integration eines multifunktionalen IoT-Gateways zur Anbindung der IoT-Endgeräte (Sensoren und Aktoren) in marktübliche Internet-Router. Die Benutzer/-innen erhalten durch fortgeschrittene Sicherheitsfunktionen und die ganzheitliche Integration aller IoT-Endgeräte im Router-Gateway einen konkreten Mehrwert in Sicherheit und Funktionalität.

Um die Praxistauglichkeit der Anwendung zu überprüfen, wurde eine Testumgebung aufgesetzt: In einer virtuellen Produktionsumgebung wurde die Anwendung von IoT-Lösungen simuliert, wobei die Geheimhaltung des Prozesses gewahrt wurde, indem der „Filter“ zum Einsatz kam. „Unsere gesetzten Ziele konnten wir vollständig erreichen. Insbesondere die angedachten Mehrwertfunktionen, die den Datenschutz und die Sicherheit von IoT-Netzwerken verbessern, konnten prototypisch implementiert und getestet werden. Ebenfalls wurde innerhalb des Projekts eine Master-Arbeit erstellt, die sich mit der Frage der Absicherung des Nachrichtenaustauschs innerhalb eines IoT-Netzwerks beschäftigte. Aus Sicht der Frankfurt UAS war das Projekt also ein voller Erfolg, da im Gegensatz zu bisherigen IoT-Lösungen Schwächen in puncto Datenschutz und -sicherheit behoben werden konnten“, betont Kappes.

Um die im Projekt vorgesehenen Sicherheitsmehrwertfunktionen entsprechend der Anforderungen entwickeln zu können, wurde die Architektur der Sicherheitsfunktionen aufbauend auf bestehenden Technologien erstellt. Im Mittelpunkt der Architektur steht hierbei das ShoT-Gateway, das als zentrale Stelle innerhalb der IoT-Domäne des jeweiligen Anwendungsszenarios sämtliche beteiligte IoT-Komponenten miteinander verbindet. Sowohl die Kommunikation der IoT-Geräte untereinander als auch die Kommunikation mit externen Komponenten, wie beispielsweise mit Cloud-Services, werden dabei über das Gateway realisiert und können somit kontrolliert werden.

Magnetische Wirbel schaffen leistungsfähigere Sensoren

Magnetische Sensoren spielen eine Schlüsselrolle in einer Vielzahl von Anwendungen, beispielsweise bei der Geschwindigkeits- und Positionserfassung zum Beispiel in der Automobilindustrie oder in der biotechnologischen Messtechnik. Wie man neuartige Magnetsensoren entwerfen kann, die herkömmliche Technologien in Leistung und Genauigkeit übertreffen, zeigten nun WissenschafterInnen unter der Leitung von Dieter Süss in einer Kooperation zwischen der Universität Wien, der Donau Universität Krems und der Infineon AG im Rahmen des Christian Doppler Labors „Advanced Magnetic Sensing and Materials“.

Erstmals gelang es, den Zustand eines supraleitenden Qubits mit einem Koaxialkabel auf ein anderes Qubit zu übertragen.
ETH Zürich / M. Pechal, T. Walter, P. Kurpiers

Viele moderne technologische Anwendungen beruhen auf magnetischen Kräften z.B. um Bestandteile in Elektrofahrzeugen zu bewegen oder Daten auf Festplatten zu speichern. Magnetische Felder werden aber auch als Sensoren eingesetzt, um andere magnetische Felder nachzuweisen. Der Gesamtmarkt für Magnetfeldsensoren, die auf Halbleitertechnologie beruhen, umfasst derzeit 1.670 Mio USD und wächst massiv weiter. In der Automobilindustrie werden beispielsweise genauere Magnetfeldsensoren in ABS-Systemen eingesetzt, mit denen man auf den Reifendruck zurückschließen kann. Somit werden keine zusätzlichen Drucksensoren in den Reifen benötigt und Ressourcen und Kosten gespart. Der Einsatz neuer magnetoresistiver Sensortechnologien wie anisotroper Magnetowiderstand, Riesenmagnetowiderstand und Tunnelmagnetowiderstand wird vor allem durch ihre erhöhte Empfindlichkeit und verbesserte Integrationsfähigkeit vorangetrieben.

Das Herzstück neuartiger Magnetfeldsensoren ist ein mikrostrukturiertes ferromagnetisches Dünnschichtelement, das magnetische Signale umwandeln kann. Dieses sogenannte Wandlerelement ändert sein elektrisches Verhalten, sobald ein Magnetfeld von außen angelegt wird: Seine atomaren „Kompassnadeln“, die atomaren magnetischen Dipole, werden neu ausgerichtet und ändern damit den elektrischen Widerstand des Wandlerelements. Dieses Verhalten wird zur Bestimmung der Magnetfelder verwendet.

Die Leistungsfähigkeit der Sensoren wird jedoch durch einige Faktoren erheblich eingeschränkt. Deren Ursachen und Zusammenhänge hat nun ein Team unter der Leitung von Dieter Süss in einer Kooperation zwischen der Universität Wien, der Donau Universität Krems und der Infineon AG im Rahmen des Christian Doppler Labors „Advanced Magnetic Sensing and Materials“ genau analysiert. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen sowie konkrete Lösungsvorschläge veröffentlichten sie kürzlich im Fachjournal Nature Electronics.

Die Position des Zentrums des Wirbels ist proportional zum angelegten Magnetfeld und dient als reproduzierbare und genaue Messgröße.
© Dieter Suess et al.
ie WissenschafterInnen zeigten durch Computersimulationen, die mittels Experimente validiert wurden, dass sowohl Störsignale, magnetisches Rauschen, als auch die Hysterese durch eine Neugestaltung des Wandlerelements deutlich reduziert werden können. Im neuen Design sind die atomaren magnetischen Dipole des Wandlerelements kreisförmig um ein Zentrum, ähnlich wie bei einem Wirbelsturm, ausgerichtet. Ein von außen angelegtes Magnetfeld ändert die Position des Zentrums dieses Wirbels, was wiederum direkt zu einer Änderung des elektrischen Widerstandes führt. „Diese Entwicklung zeigt die erste massentaugliche Anwendung von magnetischen Wirbelzuständen und eine signifikante Verbesserung gegenüber herkömmlichen Magnetsensoren“, sagt Projektleiter Dieter Süss. Das Forschungsprojekt ist ein hervorragendes Beispiel, wo Grundlagenforschung und rein wissenschaftliche Fragestellungen, wie das Verhalten von magnetischen Wirbelstrukturen in äußeren Magnetfeldern, zu äußerst erfolgreichen Anwendungen führen können. „Voraussetzung dafür ist die Kooperation zwischen Wissenschaft und Industrie, wobei die Industrie sowohl die praktisch relevanten Fragestellungen bereitstellen als auch über technische Anlagen wie Reinräume für die Realisierung dieser aufwendigen Technologien verfügen“, meint Süss über diese wichtige Synergie.

Quanten-Übertragung auf Knopfdruck

In den neuen Quanten-Informationstechnologien müssen empfindliche Quantenzustände zwischen entfernten Quanten-Bits übertragen werden. ETH-Forschern ist es nun gelungen, eine solche Quanten-Übertragung zwischen zwei Festkörper-Qubits auf Kommando zu realisieren.

Datenübertragung ist das Rückgrat der modernen Informationsgesellschaft, im Grossen wie im Kleinen. Im Internet werden Daten, meist über Glasfaserkabel, zwischen Computern auf der ganzen Welt ausgetauscht. Innerhalb eines einzelnen Computers wiederum müssen ständig Informationen zwischen verschiedenen Prozessoren hin und her gesendet werden. Auch für die neuen Quanten-Informationstechnologien, die derzeit entwickelt werden, ist ein zuverlässiger Datenaustausch von grosser Bedeutung – doch zugleich auch extrem schwierig. An der ETH Zürich ist es Physikern um Andreas Wallraff vom Labor für Festkörperphysik nun gelungen, Quanten-Informationen zwischen zwei knapp einen Meter voneinander entfernten Quanten-Bits auf Kommando und mit hoher Güte zu übertragen. Ihre Ergebnisse erscheinen diese Woche in der Fachzeitschrift Nature.

Fliegende Quanten-Bits

Das Besondere an Quanten-Informationstechnologien – dazu gehören etwa Quantencomputer und Quantenverschlüsselung – liegt in der Verwendung von Quanten-Bits oder «Qubits» als elementares Informationselement. Anders als klassische Bits können Qubits nicht nur den Wert 0 oder 1 haben, sondern auch so genannte Überlagerungszustände einnehmen. Daraus ergibt sich einerseits die Möglichkeit, enorm leistungsfähige Computer zu bauen, die mit diesen Überlagerungszuständen viel effizienter und schneller rechnen können als klassische Computer.

Erstmals gelang es, den Zustand eines supraleitenden Qubits mit einem Koaxialkabel auf ein anderes Qubit zu übertragen.
ETH Zürich / M. Pechal, T. Walter, P. Kurpiers

Andererseits sind diese Zustände aber auch sehr empfindlich und nicht ohne weiteres mit herkömmlichen Methoden zu übertragen. Zunächst muss nämlich der Zustand eines stationären Qubits in ein so genanntes «fliegendes» Qubit verwandelt werden, zum Beispiel in ein Photon, und anschließend zurück auf ein anderes stationäres Qubit. Vor einigen Jahren konnten Forscher auf diese Weise den Quantenzustand eines Atoms übertragen. Wallraff und seinen Mitarbeitern ist es nun erstmals gelungen, eine solche Übertragung auch von einem supraleitenden Festkörper-Qubit auf ein anderes zu realisieren, das sich in einiger Entfernung befand.

Dazu verbanden die Physiker zwei supraleitende Qubits mit einem Koaxialkabel, wie es auch für Antennenanschlüsse verwendet wird. Der Quantenzustand des ersten Qubits, der durch die Anzahl der in ihm enthaltenen supraleitenden Elektronenpaare (so genannte Cooper-Paare) definiert ist, wurde zunächst mit Hilfe von sehr genau kontrollierten Mikrowellenpulsen auf ein Mikrowellen-Photon eines Resonators übertragen. Aus diesem Resonator konnte das Photon dann über das Koaxialkabel in einen zweiten Resonator fliegen, in dem sein Quantenzustand wiederum durch Mikrowellenpulse auf das zweite Qubit übertragen wurde. Ähnliche Experimente wurden kürzlich auch an der Yale University durchgeführt.

Deterministisch statt probabilistisch

«Das Wichtige an unserer Methode ist, dass die Übertragung des Quantenzustands deterministisch, also auf Knopfdruck, funktioniert», betont Philipp Kurpiers, der in Wallraffs Labor als Doktorand arbeitet. In einigen früheren Experimenten konnte zwar eine Übertragung von Quantenzuständen erreicht werden, aber diese war probabilistisch: Manchmal funktionierte sie, meistens aber nicht. Eine erfolgreiche Übertragung konnte zum Beispiel durch ein «Verkündigungs-Photon» angezeigt werden. Hatte die Übertragung nicht geklappt, so probierte man es einfach noch einmal. Die effektive Quanten-Datenrate wurde dadurch natürlich stark reduziert. Für praktische Anwendungen sind daher deterministische Methoden, wie sie jetzt an der ETH demonstriert wurden, von Vorteil.

«Unsere Übertragungsrate für Quantenzustände ist eine der höchsten, die je realisiert wurden, und unsere Übertragungsgüte ist mit 80 Prozent sehr gut», sagt Andreas Wallraff. Mit Hilfe ihrer Technik können die Forscher auch eine quantenmechanische Verschränkung zwischen den Qubits herbeiführen, und das mehr als 50’000 Mal pro Sekunde. Die Übertragungsprozedur selber dauert dabei weniger als eine Millionstel Sekunde, so dass auch bei der Übertragungsrate noch Luft nach oben ist. Quantenmechanische Verschränkung erzeugt eine innige Verbindung zwischen zwei Quantenobjekten auch über grosse Distanzen, die für Verschlüsselungstechniken oder Quanten-Teleportation genutzt wird.

Quantenübertragung für Quantencomputer

Als Nächstes wollen die Forscher versuchen, jeweils zwei Qubits als Sender und Empfänger zu verwenden, wodurch zum Beispiel ein Verschränkung-Austausch zwischen den Qubit-Paaren möglich wird. Ein solcher Prozess ist nützlich für grössere Quantencomputer, die in den nächsten Jahren gebaut werden sollen. Bisher bestehen diese zwar nur aus einigen wenigen Qubits, doch wenn man grössere Rechner bauen will, wird sich schon ab ein paar Hundert Qubits die Frage stellen, wie man diese am effektivsten miteinander verbindet, um die Vorteile eines Quantenrechners am besten auszunutzen.

Ähnlich wie bei heute verwendeten Clustern von Einzelrechnern könnten dann Quantencomputer-Module mithilfe der von Wallraff entwickelten Technik miteinander verbunden werden. Dabei könnte die jetzige Übertragungsdistanz von einem Meter durchaus noch gesteigert werden. Wallraff und seine Mitarbeiter haben kürzlich gezeigt, dass ein extrem stark gekühltes und dadurch supraleitendes Kabel Mikrowellenphotonen verlustarm über Strecken von einigen zehn Meter übertragen kann. Die Verkabelung eines Quanten-Rechenzentrums wäre so also durchaus machbar.

Computerprogramm schaut fünf Minuten in die Zukunft

Informatiker der Universität Bonn haben eine Software entwickelt, die ein paar Minuten in die Zukunft blicken kann: Das Programm lernt zunächst aus Videosequenzen die typische Abfolge von Aktionen, etwa beim Kochen. Basierend auf diesem Wissen kann es dann auch in neuen Situationen treffsicher vorhersagen, wann der Küchenchef was machen wird. Die Forscher präsentieren ihre Ergebnisse auf der weltgrößten Konferenz für digitales Sehen und Mustererkennung, die vom 19. bis 21. Juni in Salt Lake City (USA) stattfindet.

Der perfekte Butler, das weiß jeder Fan britischer Gesellschaftsdramen, hat eine besondere Fähigkeit: Er ahnt die Wünsche seines Arbeitgebers, bevor dieser sie ausspricht. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jürgen Gall möchte Computern Ähnliches beibringen: „Wir wollen Zeitpunkt und Dauer von Handlungen vorhersagen – und zwar Minuten oder sogar Stunden, bevor sie stattfinden“, erklärt er.

Ein Küchenroboter könnte dann zum Beispiel die Zutaten reichen, sobald sie gebraucht werden, rechtzeitig den Backofen vorheizen – und zwischendurch den Küchenchef warnen, wenn der einen Zubereitungsschritt zu vergessen droht. Der automatische Staubsauger wüsste derweil, dass er zu dieser Zeit in der Küche nichts zu suchen hat, und kümmert sich stattdessen ums Wohnzimmer.

Wir Menschen sind sehr gut darin, Handlungen anderer zu antizipieren. Bei Computern steckt diese Disziplin jedoch noch in den Kinderschuhen. Die Forscher am Institut für Informatik der Universität Bonn können nun aber einen ersten Erfolg vermelden: Sie haben eine selbst lernende Software entwickelt, die Zeitpunkt und Dauer künftiger Aktionen erstaunlich genau abschätzen kann – und das immerhin über Zeiträume von mehreren Minuten.

Trainingsdaten: vier Stunden Salat-Videos

Als Trainingsdaten dienten den Wissenschaftlern unter anderem 40 Videos, in denen Darsteller unterschiedliche Salate zubereiteten. Jede der Aufzeichnungen war rund 6 Minuten lang und enthielt im Schnitt 20 verschiedene Aktionen. Die Videos enthielten zudem genaue Angaben, zu welcher Zeit welche Aktion startete und wie lang sie dauerte.

Der Rechner „schaute“ sich diese insgesamt rund vier Stunden Salat-Videos an. Der Algorithmus erlernte so, welche Aktionen bei dieser Aufgabe typischerweise aufeinander folgen und wie lange diese dauern. Das ist beileibe nicht trivial: Schließlich hat jeder Koch seine individuelle Vorgehensweise. Außerdem kann die Abfolge je nach Rezept variieren.

„Danach haben wir getestet, wie erfolgreich der Lernvorgang war“, erklärt Gall. „Dazu haben wir die Software mit Videos konfrontiert, die sie zuvor noch nicht gesehen hatte.“ Immerhin passten die neuen Kurzfilme in den Kontext: Auch sie zeigten die Zubereitung eines Salats. Für den Test wurde dem Computer mitgeteilt, was in den ersten 20 oder 30 Prozent eines dieser neuen Videos zu sehen war. Auf dieser Basis musste er dann vorhersagen, was im restlichen Film passieren würde.

Das klappte erstaunlich gut. Gall: „Die Genauigkeit lag für kurze Prognose-Zeiträume bei über 40 Prozent, sank dann aber umso mehr ab, je weiter der Algorithmus in die Zukunft blicken musste.“ Bei Handlungen, die mehr als drei Minuten in der Zukunft lagen, lag der Rechner noch in 15 Prozent der Fälle richtig. Allerdings galt die Prognose auch nur dann als korrekt, wenn sowohl die Aktion als auch ihr Zeitpunkt richtig vorhergesagt wurde.

Gall und seine Mitarbeiter wollen die Studie nur als einen ersten Schritt in das neue Gebiet der Handlungsvorhersage verstanden wissen. Zumal der Algorithmus spürbar schlechter abschneidet, wenn er selber erkennen muss, was sich im ersten Teil des Videos abspielt, und das nicht gesagt bekommt. Denn diese Analyse ist nie zu 100 Prozent korrekt – Gall spricht von „verrauschten“ Daten. „Unser Verfahren funktioniert damit zwar auch“, sagt er. „Aber leider noch längst nicht so gut.“

Die Studie ist im Rahmen einer Forschergruppe entstanden, die sich der Vorhersage menschlichen Verhaltens widmet und die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell unterstützt wird.

Turbolader für den Lithium-Akku

Einem Team von Materialforschern aus Jülich, München und Prag gelang die Herstellung eines Verbund-Werkstoffs, der sich besonders gut für Elektroden in Lithium-Batterien eignet. Das sogenannte Nanokomposit-Material könnte nicht nur die Speicherkapazität und Lebensdauer der Batterien deutlich steigern, sondern auch ihre Ladegeschwindigkeit. Die Ergebnisse ihrer Forschung veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift Advanced Functional Materials.

Nanokomposit-Anoden als mögliche Lösung

Ob für Handy, Tablet oder Elektroauto: Lithium-Ionen-Akkus sind das Maß der Dinge. Ihre Speicherfähigkeit und Leistungsdichte sind der anderer wiederaufladbarer Batteriesysteme weit überlegen. Doch trotz aller Fortschritte halten Smartphone-Batterien nur einen Tag lang, Elektroautos brauchen Stunden zum Aufladen. Wissenschaftler arbeiten deswegen Möglichkeiten, die Energiedichten und Laderaten der Allround-Batterien weiter zu verbessern. „Ein wichtiger Faktor ist das Anodenmaterial“, erklärt Dina Fattakhova-Rohlfing vom Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-1).

Foto: Nandiyanto

„Anoden auf der Basis von Zinndioxid können im Prinzip viel höhere spezifische Kapazitäten erreichen – also mehr Energie speichern – als zurzeit verwendete Kohlenstoff-Anoden. Denn sie haben die Fähigkeit, mehr Lithium-Ionen aufzunehmen“, so Fattakhova-Rohlfing. „Reines Zinnoxid zeigt jedoch sehr schlechte Zyklenstabilität – die Speicherfähigkeit der Batterien nimmt stetig ab, und sie können nur wenige Male wieder aufgeladen werden. Mit jedem Auf- und Entladezyklus ändert sich das Volumen der Anode, was dazu führt, dass sie zerbröselt.“

Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, sind sogenannte Hybridmaterialien oder Nanokomposite – Verbundwerkstoffe, die Nanopartikel enthalten. Die Wissenschaftler entwickelten ein Material aus mit Antimon angereichertem Zinnoxid-Nanoteilchen, auf einer Basisschicht aus Graphen. Die Graphenbasis dient der strukturellen Stabilität und trägt gleichzeitig zur Leitfähigkeit des Materials bei. Die Zinnoxid-Teilchen haben nur eine Größe von weniger als drei Nanometern – also weniger als drei Millionstel Millimeter – und werden direkt auf das Graphen „aufgewachsen“. Durch die kleine Größe der Partikel und ihren guten Kontakt mit der Graphenschicht verbessert sich außerdem die Toleranz gegenüber Volumenänderungen – die Lithiumzelle wird stabiler und hält länger.

Dreifache Ladung in einer Stunde

„Die Anreicherung der Nanopartikel mit Antimon macht das Material außerordentlich leitfähig“, erklärt Fattakhova-Rohlfing. „Das macht die Anode viel schneller, sodass sie in nur einer Minute Ladezeit mehr als das Anderthalbfache an Energie speichern kann als mit herkömmlichen Graphit-Anoden möglich wäre – und bei der üblichen Ladezeit von einer Stunde sogar das Dreifache.“

„Bisher konnten so hohe Energiedichten nur bei niedrigen Laderaten erreicht werden“, sagt Fattakhova-Rohlfing. „Schnellere Ladezyklen führten immer auch zu einem schnellen Kapazitätsabbau.“ Die von den Wissenschaftlern entwickelten Antimon-dotierten Anoden dagegen behalten auch nach 1000 Zyklen noch 77 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität.

„Die Nanokomposit-Anoden können einfach und kostengünstig produziert werden. Und die angewandten Konzepte lassen sich auch für die Konstruktion anderer Anodenmaterialien für Lithium-Ionen-Batterien verwenden“, erklärt Fattakhova-Rohlfing. „Wir hoffen, dass unsere Entwicklung damit den Weg zu Lithium-Ionen-Batterien mit einer deutlich erhöhten Energiedichte und sehr kurzer Ladezeit ebnet.“