Quanteninformation mit Schall übertragen

Wie lässt sich Quanteninformation von einem Atom zum anderen übertragen? Ein Team der TU Wien und der Harvard University schlägt vor, Phononen zu verwenden – die Quanten des Schalls.

Mikrowellen beeinflussen die Quanten-Schalter in einem dünnen Diamantstäbchen, die dann durch Schwingungen (Phononen) miteinander gekoppelt werden.
Fotot: TU Wien
Die Quantenphysik ist dabei, einen neuen technologischen Entwicklungsschub auszulösen: Neuartige Sensoren, sichere Datenübertragungsmethoden und vielleicht sogar neuartige Computer sollen durch Quanten-Technologien möglich werden. Das entscheidende Problem daran ist allerdings, ausreichend viele Quantensysteme (etwa einzelne Atome) auf die richtige Weise miteinander zu koppeln und präzise anzusteuern.

Ein Forschungsteam der TU Wien und der Harvard University hat nun einen neuen Weg untersucht, die nötigen Quanteninformation zu übertragen: Sie schlagen vor, winzige mechanische Schwingungen einzusetzen. Die Atome werden dabei durch sogenannte Phononen miteinander gekoppelt – sie sind die kleinsten quantenphysikalischen Einheiten von Schwingungen oder Schallwellen.

Winzige Diamanten mit erwünschten Fehlern

„Wir untersuchen winzige Diamanten mit eingebauten Siliziumatomen – diese Quantensysteme gelten als besonders erfolgversprechend“, sagt Prof. Peter Rabl vom Atominstitut der TU Wien. „Normalerweise bestehen die Diamanten aus reinem Kohlenstoff, doch wenn man an bestimmten Stellen Siliziumatome einbaut, ergeben sich Fehler im Kristallgitter, an denen man Quanteninformation speichern kann.“ Die mikroskopischen Fehler im Diamantgitter lassen sich wie ein winziger Schalter verwenden und mit Hilfe von Mikrowellen zwischen einem Zustand höherer Energie und einem Zustand niedrigerer Energie hin und her schalten.

Gemeinsam mit einem Team der Universität Harvard entwickelte Peter Rabls Forschungsgruppe nun eine neue Idee, diese Quantenspeicher im Diamant kontrolliert miteinander zu koppeln: Man kann sie der Reihe nach, wie Perlen einer Perlenkette, in ein winziges Diamant-Stäbchen einbauen, mit einer Länge im Mikrometerbereich. Ähnlich wie eine Stimmgabel kann ein solches Stäbchen dann zum Schwingen angeregt werden – allerdings handelt es sich dabei um minimale Schwingungen, die nur mit Hilfe der Quantentheorie beschrieben werden können. Und mit diesen Schwingungen lassen sich die Siliziumatome quantenphysikalisch koppeln.

„Licht besteht aus Photonen, den Quanten des Lichts. Und genauso lassen sich auch mechanische Schwingungen oder Schallwellen quantenphysikalisch beschreiben: Sie bestehen aus den sogenannten Phononen, den kleinstmöglichen Einheiten von mechanischen Schwingungen“, erklärt Peter Rabl. Sich die Wie das Forschungsteam nun mit Hilfe von Simulationsrechnungen zeigen konnte, lassen sich mit Hilfe dieser Phononen beliebige Quanten-Speicher im Diamantstäbchen miteinander verbinden. Dazu werden die einzelnen Siliziumatome durch Mikrowellen „ein- und ausgeschaltet“. Sie geben dabei Phononen ab oder nehmen Phononen auf. Damit kann man eine Quanten-Verschränkung unterschiedlicher Silizium-Fehlstellen erzeugen und Quanteninformation übertragen.

Auf dem Weg zum skalierbaren Quanten-Netzwerk

Bisher war völlig unklar gewesen, ob so etwas möglich ist: „Gewöhnlich erwartet man, dass die Phononen irgendwo absorbiert werden, oder in Kontakt mit der Umgebung geraten und dadurch ihre quantenphysikalischen Eigenschaften verlieren“, sagt Peter Rabl. „Phononen sind sozusagen der Feind der Quanteninformation. Wir konnten aber durch unsere Rechnungen nun zeigen, dass mit Hilfe einer passenden Steuerung durch Mikrowellen die Phononen tatsächlich technisch nutzbar sind.“

Ein großer Vorteil der neuen Technologie liegt in ihrer Skalierbarkeit: „Es gibt viele Ideen für Quantensysteme, die sich prinzipiell technologisch nutzen lassen. Das große Problem daran ist, dass es sehr schwierig ist, ausreichend von ihnen zu vernetzen, um etwa komplizierte Rechenoperationen mit ihnen durchführen zu können“, sagt Peter Rabl. Die neue Strategie, Phononen dafür einzusetzen, könnte einen völlig neuen Weg zu einer skalierbaren Quantentechnologie ebnen.

Ultradünner Supraleiter

Auf dem Weg zu neuen quantenelektronischen Instrumenten

Forschern des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien Jena (Leibniz-IPHT) ist es gemeinsam mit Kollegen aus Karlsruhe, London und Moskau gelungen, erstmals einen kohärenten Quanteneffekt mit einem bei tiefen Temperaturen kontinuierlich supraleitenden Nanodraht experimentell nachzuweisen und damit einen neuen Quantendetektor zu realisieren. Der nur wenige Nanometer große Sensor öffnet eine bislang verschlossene Tür der experimentellen Quantenphysik und ermöglicht zukünftig die Erforschung völlig neuer physikalischer Instrumente in der Quantenelektronik und Quantenoptik. Die Ergebnisse publizierten die Wissenschaftler Anfang April im renommierten Fachjournal Nature Physics.

Elektronenmikroskopische Aufnahme des CQUIDS aus einem NbN-Nanodraht (links) und schematische Darstellung (rechts) mit der Bewegung des Flußquants (Φ) um eine Ladung (q).
Quelle: NPL/Leibniz-IPHT

In der Veröffentlichung beschreibt das internationale Wissenschaftler-Team ein fundamentales quantenmechanisches Experiment: der erste Nachweis des Aharonov-Casher-Effekts mit einem Niobnitrid-Nanodraht in einem CQUID-Quantensensor (Charge Quantum Interference Device). Der Effekt, den die theoretischen Physiker Yakir Aharonov und Aharon Casher bereits im Jahr 1984 postulierten, beschreibt die quantenmechanische Bewegung magnetischer Flußquanten – den kleinsten Einheiten des Magnetfelds – um elektrische Ladungen. Anwendungsmöglichkeiten sehen die Wissenschaftler unter Anderem in einem zuverlässigen Standard zur Neudefinition der Maßeinheit Ampere, in hochauflösenden photonischen Detektoren oder als Element zur Informationsverarbeitung in Quantencomputern.

CQUID – Ein neuer Quantensensor:

Der erstmals erfolgreich realisierte CQUID-Sensor ist das Gegenstück zu den seit Jahrzehnten bekannten supraleitenden Quanten-Interferenz-Detektoren (SQUIDs), deren Funktionsweise auf der quantenmechanischen Bewegung elektrischer Ladungen um magnetische Flußquanten beruht. Im Gegensatz dazu bewegen sich in den CQUIDs die magnetischen Flußquanten um elektrische Ladungen im Supraleiter. Den Aharonov-Casher-Effekt konnten Forscher experimentell bisher nur in Supraleitern mit gezielt präparierte Schwachstellen, den Josephson-Kontakten, nachweisen.

„Ob man das Phänomen ohne Josephson-Kontakte, also in einem Supraleiter ohne Schwachstellen, beobachten kann, wurde in der wissenschaftlichen Gemeinschaft bezweifelt. Es existierte bis jetzt kein geeignetes Material, welches die Flußquanten ungehindert durchdringen konnten“, erklärt Quantenphysiker Prof. Evgeni Il’ichev vom Leibniz-IPHT das wissenschaftliche Problem. Den entscheidenden Beitrag zur Realisierung des Experiments lieferten nun die ultradünnen, mittels Atomlagenabscheidung (ALD) gefertigten NbN-Schichten des Leibniz-IPHT.

ALD-Niobnitrid – Ein Material mit einzigartigen physikalischen Eigenschaften:

Die Herausforderung für die Jenaer Forscher bestand darin, ein Material zu finden, dass ein quantenmechanisches Tunneln von magnetischen Flußquanten in bestimmten Bereichen der supraleitenden Struktur des CQUIDs, den Phase-Slip-Kontakten, zulässt. „Uns fielen die besonderen strukturellen und elektrischen Eigenschaften der mittels ALD erzeugten Schichten aus Niobnitrid auf. Eine spezielle Unordnung in der Kristallstruktur der Schichten ermöglicht erst das Tunneln der Flußquanten durch die zwei Einschnürungen in der CQUID-Struktur. Das heißt, sie können eine Barriere quantenmechanisch durchdringen – ein Phänomen, das in unserer klassischen Welt nicht möglich ist“, so Dr. Sven Linzen, Physiker am Leibniz-IPHT. Dank intensiver Technologieforschung gelang es, die nur 3,3 Nanometer dicken NbN-Filme auf einen Silizium-Träger im Reinraum des Leibniz-IPHT aufzubringen. Aus ihnen präparierten die Partner um Prof. Oleg Astafiev am National Physics Laboratory (NPL) in London den neuen CQUID-Quantensensor, mit dem der Nachweis des Quanteneffekts gelang.

„Mit dem NbN-Material und dessen Herstellungstechnologie halten wir den Schlüssel zu einer bislang verschlossenen Tür der experimentellen Quantenphysik in der Hand. Wir stehen noch am Anfang, sehen die Anwendungsfelder der neuen Phase-Slip-Kontakte und Quantensensoren aber ebenso vielfältig wie die Einsatzgebiete der bekannten Josephson-Kontakte und SQUIDs. Denkbar sind die Entwicklung eines in der Elektronikindustrie dringend benötigten Standards zur präzisen Festlegung der Stromstärke in Analogie zum Josephson-Voltstandard, neue optische Detektorkonzepte oder ein Durchbruch bei der Realisierung anwendbarer Quantenbits als Grundbausteine für zukünftige Quantencomputer“, blickt Dr. Sven Linzen in die Zukunft.

Die Originalveröffentlichung mit dem Titel „Charge quantum interference device“ von Sebastian E. de Graaf, Sebastian T. Skacel, Teresa Hönigl-Decrinis, Rais Shaikhaidarov, Hannes Rotzinger, Sven Linzen, Mario Ziegler, Uwe Hübner, Hans-Georg Meyer, Vladimir Antonov, Evgeni Il’ichev, Alexey V. Ustinov, Alexander Tzalenchuk, Oleg V. Astafiev, erschien am 9. April 2018 in Nature Physics.

Das Leibniz-Institut für Photonische Technologien:

Das Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) erforscht die wissenschaftlichen Grundlagen für photonische Verfahren und Systeme höchster Sensitivität, Effizienz und Auflösung. Gemäß dem Motto „Photonics for Life – from ideas to instruments“ entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Leibniz-IPHT maßgeschneiderte Lösungen für Fragestellungen aus den Bereichen Lebens- und Umweltwissenschaften sowie Medizin.

Organische Leuchtdioden werden heller und stabiler

Wissenschaftler der Universitat Autònoma de Barcelona und der Technischen Universität Dresden stellen eine Möglichkeit vor, die Leistungsfähigkeit von OLEDs durch die Formation sogenannter ultrastabiler Glase zu verbessern.

Organische Leuchtdioden (OLEDs) sind mittlerweile weit genug entwickelt, um erste kommerzielle Produkte erfolgreich im Markt zu etablieren. Um weitere Marktsegmente zu erschließen und insbesondere neue Anwendungsmöglichkeiten (Beleuchtung im Automotiv-Bereich, Mikrodisplays, Head-mounted-Displays, etc.) zu ermöglichen, muss die OLED Technologie in Hinblick auf deren Langzeitstabilität weiterhin verbessert und gleichzeitig die Lichtausbeute maximiert werden. Momentan erreicht man den intrinsischen Fortschritt in der Leistungsfähigkeit einzig durch kontinuierliche Materialentwicklung.

Wissenschaftler der Universitat Autònoma de Barcelona und der Technischen Universität Dresden stellen jetzt eine Möglichkeit vor, die Leistungsfähigkeit von OLEDs durch die Formation sogenannter ultrastabiler Glase zu verbessern. In ihrer gemeinsamen Veröffentlichung erschienen in dem Journal „Science Advances“ mit dem Titel ‘„High-performance organic light-emitting diodes comprising ultrastable glass layers’ layers“ zeigen die Autoren in einer detaillierten Studie, dass sowohl Effizienz als auch Betriebsstabilität für vier verschiedene phosphoreszierende Emitter deutlich erhöht werden konnten (im Mittel > 15% für beide Parameter und alle Materialien). Um diese Ergebnisse zu ermöglichen, wurden die Emissionsschichten als ultrastabile Glase hergestellt. Hierbei handelt es sich um eine Wachstumsbedingung, bei der die thermodynamisch stabilsten amorphen Festkörper entstehen.

Diese Abbildung illustriert das Wachstum von ultrastabilen und konventionellen Glasen auf der Nanometer-Skala und korreliert dieses mit den Eigenschaften von den funktionalen Schichten der organischen Leuchtdioden (OLEDs).

Diese Entdeckung ist insbesondere so bedeutsam, da dieses Konzept weder von einer Weiterentwicklung von Materialien noch einer Optimierung der Bauteilarchitektur Gebrauch macht. Beide genannten sind die konventionellen Ansatzpunkte für Leistungsverbesserungen. Das vorgestellte Konzept kann universell in jedem spezifischen OLED- Schichtstapel untersucht und optimiert werden, was durch die OLED -Industrie gleichermaßen begrüßt werden wird. Insbesondere kann die Entwicklung von TADF Emittern (TADF, engl.: thermally activated delayed fluorescence), welche momentan sehr große Aufmerksamkeit genießt, durch diesen Ansatz weiter vorangetrieben werden. Weiterhin ist es denkbar, dass die positiven Veränderungen durch das Herstellen von ultrastabilen Glasen, welche durch die Wissenschaftler auf Prozesse auf der Nanometerskala zurückgeführt werden konnte, auch auf andere grundlegende physikalische Eigenschaften (z.B. Transport, Ladungsseparation, Energietransfer) übertragen werden können.

Foto: Wachstum von ultrastabilen und konventionellen Glasen auf der Nanometer-Skala
Joan Ráfols-Ribe, Paul-Anton Will

Wo Computer menschliche Gefühle beachten

Um den Flugverkehr noch sicherer zu machen, wird am Kompetenzzentrum „Virtual Humans“ der TU Chemnitz die Arbeitsweise und emotionale Belastung von Fluglotsinnen und Fluglotsen erforscht

Jeder, der in ein Flugzeug steigt, möchte sicher ans Ziel kommen. Neben den Pilotinnen und Piloten sind dafür etwa 2.000 Fluglotsinnen und Fluglotsen der Deutschen Flugsicherung verantwortlich. Sie koordinieren etwa drei Millionen Flugbewegungen pro Jahr und sorgen dafür, dass Flugzeuge sicher geführt werden und sich nicht zu nahe kommen. Da das Flugaufkommen immer weiter steigt, erhöht sich auch die Belastung der Fluglotsinnen und Fluglotsen, die sich ohnehin schon keinen Fehler leisten dürfen. Forschende des Kompetenzzentrums „Virtual Humans“ der Technischen Universität Chemnitz arbeiten deshalb daran, die Arbeit im Bereich der Flugüberwachung noch sicherer zu machen. Im Projekt „MACeLot“ untersuchen sie die kooperative Arbeit von Fluglotsinnen und -lotsen und deren Belastung am Arbeitsplatz. Mit verschiedenen Messinstrumenten wird die emotionale Belastung, also der Stresslevel, abgeschätzt. „Steht beispielsweise ein Fluglotse zu stark unter Stress, soll das Assistenzsystem eine Warnung an den diensthabenden Supervisor senden“, erläutert Projektleiter Prof. Dr. Guido Brunnett, Sprecher des Kompetenzzentrums „Virtual Humans“. Der Supervisor könne sofort entsprechend eingreifen und den Fluglotsen entlasten – beispielweise über eine Unterstützung durch benachbarte Kontrollsektoren.

Computer lernen, was Stress ist

Foto: Schiphol Control Tower, Danbu14, Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Doch wie kann die kognitive und emotionale Belastung durch ein Computersystem zuverlässig erkannt werden? Die Chemnitzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen dabei interdisziplinär vor: Psychologinnen und Psychologen erforschen die Arbeitsweise der Fluglotsinnen und Fluglotsen. Mit Hilfe einer Blickverfolgungsbrille messen sie deren Pupillengröße und mit einem Armband die Hautleitfähigkeit. Beides sind gute Indikatoren für Stress. Und Informatikerinnen und Informatiker untersuchen die Körperhaltung, den Gesichtsausdruck und die Sprache der Fluglotsinnen und Fluglotsen, um daraus emotionale Zustände abzuleiten. „Wir Menschen haben oft schon Schwierigkeiten, die Stimmung unseres Gegenübers richtig einzuschätzen und greifen auf unsere Erfahrung zurück – und so müssen wir auch die Computer entsprechend trainieren“, sagt Brunnett. Damit der Computer eine zuverlässige Einschätzung trifft, müssen in das Programm viele Beispiele an Körperhaltungen, Gesichtsausdrücken oder Audioaufnahmen eingebracht werden, die mit Emotionen in einem Zusammenhang stehen. „Auf Grundlage sämtlicher erfasster Daten wurde ein Modell zur Berechnung der kognitiven und emotionalen Belastung von Fluglotsen abgeleitet und in ein prototypisches Assistenzsystem integriert“, berichtet Brunnett. Dieses Assistenzsystem zeige dem Supervisor die aktuelle Belastungssituation der Fluglotsen an und liefere ihm dadurch Entscheidungshilfen zur Abwendung von Überlastsituationen.

In Gefahrensituationen die Übersicht behalten

Aus ihrer Forschung haben die Chemnitzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch Vorschläge für ein neues Design der Arbeitsumgebung erarbeitet. So fand die Doktorandin Linda Pfeiffer auf der Basis von Interviews mit Fluglotsinnen und Fluglotsen heraus, welche Darstellung der Elemente auf dem Display im Kontrollzentrum am effektivsten ist. „Ein von uns empfohlenes Interface bietet eine bessere Übersicht in Gefahrensituationen, da es zentrale Informationen hervorhebt“, erläutert Pfeiffer.

Solche Untersuchungen und Verbesserungsvorschläge sind auch für den Projektpartner, die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, von großem Interesse. „Die Erfassung des Zustandes des Lotsenteams mittels einer geeigneten Sensorik erschließt völlig neue Möglichkeiten, die Arbeitsbelastung zu steuern und zu begrenzen“, sagt Jörg Buxbaum, Leiter des Forschungsteams Air Traffic Management bei der DFS. Neuerungen in den betrieblichen Lotsenalltag einzuführen, sei allerdings sehr anspruchsvoll, da sie strenge Sicherheitstests durchlaufen müssen und in diesem Fall auch Persönlichkeitsrechte zu betrachten sind. Eine Möglichkeit, von den Forschungsergebnissen bald zu profitieren, gibt es dennoch: „Die entwickelten Methoden könnten wir zunächst in Entwicklungen und Trainings am Simulator einsetzen“, sagt Buxbaum und fügt hinzu: „Wir haben deutliche Hinweise, dass wir dadurch die kognitive und emotionale Belastung besser erheben können als zum Beispiel rein mit der Abfrage der Belastung bei den Lotsen selber.“

Stichwort: Kompetenzzentrum „Virtual Humans“

Das Kompetenzzentrum „Virtual Humans“ der Technischen Universität Chemnitz ist seit 2011 Impulsgeber im Forschungsschwerpunkt „Mensch und Technik“ und bündelt die Expertise zu digitalen Menschmodellen an der TU. Am Zentrum arbeiten Forscherinnen und Forscher stark vernetzt an interdisziplinären Themen. „Digitale Menschmodelle, die eine entsprechend hohe Komplexität aufweisen, sind ein zentraler Bestandteil emotionssensitiver Assistenzsysteme“, erläutert Brunnett. Weitere Anwendungsgebiete digitaler Menschmodelle sind zum Beispiel die Mensch-Maschine Interaktion und die Simulation individueller Menschmodelle in der virtuellen Realität. „Auch bei fortschreitender Digitalisierung und Technisierung wird der Mensch ein zentraler Faktor im technischen Fortschritt bleiben. Daher arbeiten wir daran, unsere digitalen Menschmodelle so zu konzipieren, dass sie menschliche Emotionen erkennen können und entsprechend handeln“, erläutert der Leiter des Kompetenzzentrums. Digitale Menschmodelle helfen Maschinen, auf die Gefühle der Menschen Rücksicht zu nehmen. https://www.tu-chemnitz.de/forschung/virtual_humans/

Hintergrund: Die Bundesregierung förderte von 2015 bis 2018 Projekte, die sich einer zentralen Herausforderung von Assistenzsystemen stellen: Technische Systeme müssen sich der Komplexität der menschlichen Kommunikation, die durch emotionale und soziale Botschaften bestimmt sind, annähern. Das Projekt „MACeLot“ ist eines der geförderten Projekte und wurde mit rund 1,7 Millionen Euro unterstützt. Vom 31. Januar bis 2. Februar 2018 stellten die Chemnitzer Forscherinnen und Forscher ihre Projektergebnisse in Bonn der Öffentlichkeit und Vertretern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vor.

Neuer Quantenspeicher behält Information über Stunden

Information in einem Quantensystem abzuspeichern ist schwer, sie geht meist rasch verloren. An der TU Wien erzielte man nun ultralange Speicherzeiten mit winzigen Diamanten.

Mit Quantenteilchen kann man Information speichern und manipulieren – das ist die Basis für viele vielversprechende Technologien, vom hochsensiblen Quanten-Sensor über Quanten-Kommunikation bis zum Quanten-Computer. Ein großes Problem dabei ist allerdings, dass es sehr schwierig ist, in einem quantenphysikalischen System Information über lange Zeit zu speichern. Durch Wechselwirkungen mit der Umgebung geht die Quanteninformation oft schon nach Sekundenbruchteilen unwiederbringlich verloren.

An der TU Wien gelang es nun, mit Hilfe spezieller Diamanten, Quanteninformation über Stunden zu konservieren. Damit ist diese Art der Quanteninformation sogar stabiler als die klassische Information, die im Arbeitsspeicher unserer Computer gespeichert ist. Die Forschungsergebnisse wurden nun im Fachjournal „Nature Materials“ veröffentlicht.

Diamanten mit Defekt

Der Mikrowellen-Resonator mit dem Diamanten in der Mitte: Wegen der eingebauten Fehlstellen ist der Diamant schwarz.
TU Wien

Zum Einsatz kam an der TU Wien ein spezielles Quantensystem, an dem mittlerweile auf der ganzen Welt mit großem Interesse geforscht wird: „Wir verwenden winzige Diamanten, die ganz gezielt mit kleinen Defekten versehen wurden“, erklärt Johannes Majer, Forschungsgruppenleiter am Atominstitut der TU Wien. Normalerweise besteht ein Diamant nur aus Kohlenstoffatomen. Durch Bestrahlung des Diamanten kann man aber erreichen, dass an bestimmten Stellen statt eines Kohlenstoffatoms ein Stickstoffatom in die Diamantstruktur eingebaut wird, und daneben bleibt dann eine Stelle im Kristallgitter unbesetzt. Solche „Gitterfehler“ bezeichnet man als NV-Zentren (N für Stickstoff und V für die vakante Gitterstelle). Das Stickstoffatom und die Fehlstelle können unterschiedliche Zustände annehmen, somit kann man diese Gitterfehler-Stelle verwenden um ein Quantenbit an Information abzuspeichern.

Die entscheidende Frage ist, wie lange diese Information stabil bleibt: „Die Zeit, in der ein Quantenbit typischerweise seine Energie und somit auch die gespeicherte Information verliert, ist eine der technologisch wichtigsten Eigenschaften eines solchen Quantenbits“, erklärt Thomas Astner, der Erstautor der Publikation. „Es ist daher von besonderer Bedeutung, die Ursache für den Energieverlust und die Geschwindigkeit dieses Prozesses genau zu verstehen.“

Am Atominstitut der TU Wien gelang es nun zum ersten Mal, die charakteristische Zeit, in der die Diamant-Defekte ihre Quanteninformation verlieren, experimentell zu bestimmen. Die Diamanten wurden an Mikrowellen angekoppelt, so kann Quanteninformation eingeschrieben und wieder ausgelesen werden. Den speziellen Mikrowellen-Resonator dafür hatte Andreas Angerer an der TU Wien im Jahr 2016 entwickelt. Mit ihm kann man hochpräzise feststellen, wie viel Energie noch in dem Diamant gespeichert ist.

Rekordzeiten

Die Messungen wurden bei sehr tiefen Temperaturen durchgeführt – knapp über dem absoluten Temperatur-Nullpunkt, bei 20 Millikelvin. Bei höheren Temperaturen würde die Wärme der Umgebung das System stören und die Quanteninformation löschen. Dabei zeigte sich, dass die Diamanten ihre Information viel länger speichern können, als man das für möglich gehalten hatte – nämlich über mehrere Stunden. „Die Information im D-RAM Chip eines gewöhnlichen Computerspeichers ist viel instabiler. Dort geht die Energie innerhalb von einigen hundert Millisekunden verloren, danach muss die Information neu aufgefrischt werden“, sagt Johannes Majer.

Nicht alle Diamanten mit Defekten weisen genau dieselbe Speicherzeit auf: Rekordhalter ist ein spezieller Diamant, der vom Team um Junichi Isoya an der Tsukuba Universität in Japan hergestellt wurde. Über mehrere Monate wurde er mit Elektronen bestrahlt, um möglichst viele NV-Defekte zu erzeugen ohne dabei andere störende Effekte hervorzurufen. In diesem Diamanten konnte eine Quanten-Speicherzeit von 8 Stunden gemessen werden.

„Diese wunderbaren Ergebnisse waren für uns anfangs kaum zu glauben“, sagt Johannes Majer. Man ging dem Phänomen daher durch Computersimulationen auf den Grund: Johannes Gugler und Prof. Peter Mohn (ebenfalls TU Wien) führten aufwändige Berechnungen durch und konnten erklären, dass die außerordentliche Stabilität der Diamant-Quantenspeicher auf das besonders steife Diamantgitter zurückzuführen ist. „Während in anderen Materialien Gitterschwingungen relativ rasch dazu führen könnten, dass die gespeicherte Information verloren geht, ist die Kopplung der Quanteninformation an die Gitterschwingungen im Diamanten recht gering, und die Energie kann über Stunden gespeichert werden“, sagt Thomas Astner.

Software für das Internet der Dinge

EU-Projekt soll unsere Mobilität erleichtern, Häuser intelligenter und Fabriken produktiver machen: das Internet der Dinge, kurz IoT (Internet of Things). Noch steckt die Technologie in den Kinderschuhen. In dem kürzlich gestarteten EU-Projekt ENACT erforscht das Software-Technik-Institut paluno der Universität Duisburg-Essen (UDE) Entwicklungsansätze für neuartige IoT-Systeme.

Aktuelle Anwendungen wie das Fitnesstracking per Smartwatch konzentrieren sich darauf, Daten in der Cloud zu bündeln. Sie schöpfen allerdings die Möglichkeiten des Internet der Dinge bei Weitem nicht aus. Die Systeme der nächsten Generation werden kooperieren und aktiv auf ihre Umgebung einwirken. So zum Beispiel in Smart Buildings: Haus- und Medizintechnik werden gemeinsam für Komfort und Sicherheit sorgen – vollkommen autonom, indem sie u.a. das Verhalten der Bewohner beobachten.

Solche vernetzten IoT-Systeme zu entwerfen, ist herausfordernd. Wir kennen das, auch refixo bastelt an IoT-Lösungen, z.B. für unsere PoS- Software refixo Repaircloud. Sie sind sehr unterschiedlich und müssen sich laufend abstimmen. Zum Zeitpunkt ihrer Entwicklung ist aber nicht bekannt und auch nicht absehbar, wann welche Systeme wie miteinander kommunizieren werden. „Wenn mehrere IoT-Systeme dieselbe Umgebungsgröße beeinflussen, etwa die Raumtemperatur, oder wenn sie dieselbe Ressource verbrauchen, beispielsweise Treibstoff oder Rechenzeit, müssen sie potenzielle Konflikte erkennen und diese möglichst automatisch auflösen“, erläutert Dr. Andreas Metzger, der bei paluno die Arbeiten im ENACT-Projekt koordiniert. „Wir brauchen daher neue Entwicklungswerkzeuge für Systeme, die sich schnell an wechselnde Situationen anpassen können.“

Die 11 Projektpartner setzen hier auf einen in der Softwareentwicklung bewährten Ansatz (DevOps). Allerdings lässt der sich nicht so einfach auf IoT-Systeme übertragen, weil diese u.a. besondere Anforderungen an die Datensicherheit und den Schutz der Privatsphäre stellen. Geeignete DevOps-Werkzeuge zu entwickeln, ist daher das Ziel. Das UDE-Team von Prof. Dr. Klaus Pohl erforscht Lösungen, damit sich IoT-Systeme mit Hilfe künstlicher Intelligenz automatisch an dynamische Betriebssituationen anpassen.

Die Europäische Union fördert ENACT in den kommenden drei Jahren über das Horizon 2020-Programm. Von den fünf Millionen Euro Förderung erhält die UDE 420.000 Euro.

Weltweit erstes schaltbares Quanten-Metamaterial untersucht

Auf dem Weg zum Quantencomputer: Quantencomputer können eine große Zahl an Rechenoperationen gleichzeitig ausführen. Damit versprechen sie komplexe Probleme viel schneller zu lösen als heutige Computer. Hochschulen und Unternehmen wie Google oder IBM forschen an den physikalischen Grundlagen zur Realisierung eines solchen Computers. Wissenschaftler aus Jena, Karlsruhe und Moskau sind der Zukunftsvision der Quanteninformatik ein Stück nähergekommen. Ihnen ist es gelungen das weltweit erste Quanten-Metamaterial zu realisieren, dessen Lichtdurchlässigkeit bei Temperaturen von -273°C genau steuerbar ist. Das Material könnte als Kontrollelement in Schaltungen bei der Quantensignalverarbeitung zur Anwendung kommen.

Elektronenmikroskopische Aufnahme des Quanten-Metamaterials. Es besteht aus 15 Zwillings-Qubits, eingebettet in einen koplanaren Wellenleiter (unten). Ein Qubit mit 5 Josephson-Kontakten (oben).
Quelle: NUST MISIS

Das Team aus Forschern vom Jenaer Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT), dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der National University of Science and Technology (NUST MISIS) in Moskau stellte erstmals ein Quanten-Metamaterial her, das auf besondere Weise mit elektromagnetischer Strahlung im Mikrowellenbereich wechselwirkt. Das Metamaterial besteht aus einer linearen Anordnung von 15 Meta-Atomen, den Quantenbits (Qubits): Schleifen von wenigen Mikrometern Durchmesser aus Aluminium, die bei ihrer Arbeitstemperatur von etwa -273°C elektrischen Strom supraleitend und damit verlustfrei transportieren. An einigen Stellen sind die Aluminiumringe durch wenige Nanometer dünne Tunnelstrukturen, die Josephson-Kontakte, unterbrochen. So entstehen supraleitende Schwingkreise, in denen Strom nur in zwei definierten Zuständen fließt.

Mit Magnetfeld schaltbare Eigenschaften:

Die Forscher konstruierten nun erstmals ein Metamaterial aus sogenannten Zwillings-Qubits, die aus zwei miteinander verbundenen Schleifen bestehen und damit statt drei, fünf Josephson-Kontakte besitzen. Entstanden sind die Strukturen im Reinraum des Leibniz-IPHT. „Wir haben untersucht wie sich die Zwillings-Qubits verhalten, wenn wir sie mittels eines Magnetfeldes in zwei verschiedene Zustände bringen. Dabei zeigt das Metamaterial eine für uns unerwartete Eigenschaft. Über das Magnetfeld können wir seine Durchlässigkeit für Strahlung im Mikrowellenspektrum genau steuern. Dass man die Transparenz dieser speziellen Quanten-Metamaterialien über die Konfiguration des Grundzustandes der Qubits ein- bzw. ausschalten kann, hat uns überrascht. Das war bislang völlig unbekannt,“ beschreibt der Leibniz-IPHT-Wissenschaftler Prof. Evgeni Il’ichev die Entdeckung. Die Forschungsergebnisse, die unter Leitung von Prof. Alexey Ustinov (NUST MISIS) entstanden, publizierten die Wissenschaftler im hochrangigen Fachblatt Nature Communications.

Qubits – Ein System in zwei Zuständen gleichzeitig:

Im Unterschied zu den Einheiten (Bits) eines klassischen Rechners nehmen die Qubits nicht nur die Zustände 0 und 1 an. Sie gehorchen den Gesetzen der Quantenmechanik und befinden sich in einem überlagerten Zustand, der gleichzeitig 0 und 1 ist. Im Fall supraleitender Qubit-Schaltkreise fließt der magnetfeldinduzierte Strom zugleich links (0) und rechts herum (1). Allerdings existieren die Überlagerungszustände nur so lange bis sie gemessen werden – in diesem Moment nimmt das System entweder den Wert 0 oder 1 an. Durch die Überlagerungszustände können Quantencomputer eine große Zahl an Rechenoperationen parallel verarbeiten, während heutige Rechner diese nacheinander ausführen. Die Anzahl der Operationen steigt exponentiell mit der Anzahl der eingesetzten Qubits. Die Firma IBM bietet online-Zugriff auf einen Supraleiter-basierten Quantencomputer mit 20 Qubits.

Das Leibniz-Institut für Photonische Technologien:

Das Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) erforscht die wissenschaftlichen Grundlagen für photonische Verfahren und Systeme höchster Sensitivität, Effizienz und Auflösung. Gemäß dem Motto „Photonics for Life – from ideas to instruments“ entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Leibniz-IPHT maßgeschneiderte Lösungen für Fragestellungen aus den Bereichen Lebens- und Umweltwissenschaften sowie Medizin.

Vom winzigen Kristall zum Mikrochip der Zukunft

Forscher des Instituts für Experimentelle Physik (IEP) der TU Bergakademie Freiberg haben einen neuartigen Ansatz zur Strukturbestimmung von Kristallen erarbeitet und können so winzige Atome mit höchster Präzision lokalisieren. Dies ist gerade für die Materialforschung in der Halbleiterindustrie sowie in der Daten- und elektrochemischen Energiespeicherung von großer Bedeutung. Zum Einsatz kommen dabei sogenannte Resonante Röntgenbeugungsmethoden. Mit Hilfe der Beugungsseigenschaften des Röntgenlichts können die Freiberger Forscher die Atom-Position mit bisher nicht erreichter Genauigkeit bestimmen.

Die Europäische Synchotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble. © P. Ginter/ESRF
Ihren Ansatz haben die Forscher unter anderem an den Synchrotronen des Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg und der Europäischen Synchotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble getestet. „Dort konnten wir Messungen weit unter einem Pikometer durchführen. Eine Milliarde Pikometer entsprechen dabei gerade mal einem Milimeter. Damit ermöglicht unser Verfahren eine hochpräzise Analyse der Kristallstruktur“, erklärt Dr. Matthias Zschornak, der die Synchrotronaktivitäten des IEP an der TU Bergakademie Freiberg unter Leitung von Prof. Dirk C. Meyer koordiniert.

Ein Synchrotron ist ein Teilchenbeschleuniger, in dem geladene Elementarteilchen durch starke Magneten auf Kreisbahnen gehalten werden und durch die Ablenkung intensive Röntgenstrahlung aussenden. Es bietet insbesondere eine über einen weiten Spektralbereich präzise einstellbare Strahlungsenergie. In den letzten 30 Jahren wurden weltweit Milliarden in die Entwicklung und den Bau dieser Teilchenbeschleuniger investiert, um in neue Dimensionen der Orts- und Zeitauflösung vorzudringen. Diesem Ziel sind die Forscher nun mit ihrer Arbeit einen weiteren bedeutenden Schritt nährgekommen. Der innovative Ansatz wurde am 12. Januar 2018 in einer der wichtigsten Wissenschaftszeitschriften – der „Nature Communications“ – vorgestellt.

Zur Weiterentwicklung der Methode wurde am IEP im zurückliegenden Jahr das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt REXSuppress gestartet. Neben chemischer Kristallographie stehen vor allem Schwerpunkte der Material- sowie der Geo-, Bio- und Umweltwissenschaften im Fokus der geplanten Forschung. Im derzeit im Bau befindlichen Zentrum für effiziente Hochtemperatur-Stoffwandlung untersuchen Freiberger Physiker künftig auch, wie sich die Strukturen unter hohem Druck und extremen Temperaturen verändern.

Praktikable Photonenquelle für die Quantenkommunikation

Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der TU Berlin ist es weltweit zum ersten Mal gelungen, eine praktikable und anwendungsnahe Quelle einzelner Lichtquanten zu bauen

Die Nutzung von einzelnen Lichtquanten als Informationsträger in der Quantenkommunikation und Quantencomputertechnologie wird weltweit erforscht. Dabei soll ein einzelnes Lichtquant (Photon) als Informationsträger dienen. Eines der bisherigen Probleme: Die Technologie ist sensibel, da sie in der Regel fast ausschließlich im Vakuum und bei sehr niedrigen Temperaturen – nahe dem absoluten Nullpunkt – funktioniert, was bisher aufwändige Laborapparaturen voraussetzte und damit die Nutzung dieser Technologie stark einschränkte.

Plug & Play-Quelle

In der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Stephan Reitzenstein am Institut für Festkörperphysik der TU Berlin ist es jetzt gelungen, eine Plug & Play-Quelle von Lichtquanten zu bauen.

„Das System beruht auf einem sogenannten künstlichen Atom, also einem Quantenpunkt, auf einem Halbleiterchip. Genau über diesem Quantenpunkt können wir in einer von uns entwickelten einzigartigen Technik eine Mikrolinse anbringen. Diese Linse sammelt die von dem Quantenpunkt ausgesandten Photonen effizient ein, sodass wir später eine hohe Datenübertragungsrate in der Quantenkommunikation realisieren können“, erklärt Dr. Tobias Heindel, Mitarbeiter von Prof. Reitzenstein.

Zur Nanostrukturierung des Halbleiterchips wurde eine in der AG Reitzenstein entwickelte revolutionäre Technik eingesetzt, mit der eine Mikrolinse exakt über einem ausgewählten Quantenpunkt platziert wird – mit diesem Verfahren gelangen der Gruppe in den letzten Jahren bereits zahlreiche wissenschaftliche Erfolge.

Um eine Quanten- oder Photonenquelle jedoch auch in der Quantenkommunikation außerhalb der Labors in der Praxis nutzen zu können, müssen die Photonen zusätzlich effizient in ein optisches Glasfaserkabel übertragen (gekoppelt) werden. Genau solche Fasern bilden bereits heute die Grundlage für die weltweite Datenübertragung im Internet und sollen in Zukunft auch das Quanten-Internet ermöglichen.

Der Clou der neuen Arbeiten

Es ist gelungen, eine optische Glasfaser exakt über dem Quantenpunkt zu positionieren und zu fixieren, wodurch die abgestrahlten Photonen direkt aufgefangen und über große Distanzen weitergeleitet werden können. „Entscheidend dabei ist, dass wir die Oberfläche des Halbleiters, auf der unserer Quantenpunkt sitzt, optisch ‚scannen’ und das Glasfaserkabel dann in einem relativ robusten Prozess bei Raumtemperatur exakt über der Mikrolinse mit Epoxidharz fixieren“, so Tobias Heindel.

Das ganze System aus Halbleiterchip mit Quantenpunkt, Mikrolinse und exakt ausgerichteter und fixierter Glasfaser wird dann in einen sogenannten Stirling-Kühler eingebaut. Bei dem Stirling-Kühler handelt es sich um eine kommerziell verfügbare Apparatur, die dazu dient, den Halbleiterchip auf die benötigten tiefen Temperaturen, nur wenige zehn Kelvin oberhalb des absoluten Temperaturnullpunktes, herunter zu kühlen.

Der große Vorteil dieser Anordnung: Die gesamte sogenannte Q-Source (Quanten-Quelle) inklusive Stirling-Kühler findet in einer durchschnittlichen Schreibtischschublade Platz und benötigt lediglich einen 220V-Netzanschluss.

Zum Vergleich: Typische Quantenlichtquellen der Forscher nehmen meist ein ganzes Labor mit aufwändiger und teurer Helium-Kühltechnik in Anspruch. Das Glasfaserkabel ermöglicht den Transport der Quanten auch über große Distanzen. „Damit bieten sich ganz neue Möglichkeiten für den Einsatz in der Quantenkommunikation“, weiß Tobias Heindel. So könnte die hier entwickelte Q-Source in Zukunft fester Bestandteil abhörsicherer Kommunikationskanäle im Quanten-Internet werden

Neuartiger zweidimensionaler Schaltkreis funktioniert mit magnetischen Quantenteilchen

Ob Smartphone, Rechner oder Dialysemaschine – kein elektronisches Gerät kommt ohne Chip und seine elektronischen Schaltkreise aus. Die einzelnen Schaltelemente sind hierbei oft durch dreidimensionale sogenannte Brückenkonstruktionen verdrahtet. An einer leistungsfähigeren Variante arbeiten derzeit Physiker an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK). Anstatt Elektronen nutzen sie bestimmte Quantenteilchen, die Magnonen. Im Modell haben sie erstmals gezeigt, wie für diese Teilchen Stromflüsse in einem integrierten magnonischen Schaltkreis möglich sind. Dabei verbinden sie die Elemente nur zweidimensional. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.

Doktorand Qi Wang, Erstautor der aktuellen Studie
Foto: TUK/Koziel

Als der US-amerikanische Ingenieur Jack Kilby in den 1960er Jahren den integrierten Schaltkreis entwickelte, kam dies einer technischen Revolution gleich: Zunächst nur in einem Taschenrechner verbaut, ermöglichte die Technik kurze Zeit später den Siegeszug der Computer, die von da an mit immer kleineren Prozessoren auskamen. „Diese Schaltkreise stellen die Grundlage für unsere heute gängige Elektronik dar“, sagt Juniorprofessor Dr. Andrii Chumak, der am Lehrstuhl für Magnetismus bei Professor Dr. Burkard Hillebrands an der TUK im Fachbereich Physik forscht. Für seine Arbeiten erhielt Kilby, auch Vater des Mikrochips genannt, im Jahr 2000 den Nobelpreis für Physik.

An einer neuen Generation von Schaltkreisen arbeiten die Physiker um Chumak und seinen Doktoranden Qi Wang, der Erstautor der aktuellen Studie. Sie nutzen dabei Spinwellen. „Diese können Information in Form des Eigendrehimpulses in magnetischen Materialien transportieren“, fährt Chumak fort. „Die Quantenteilchen solcher Wellen sind Magnonen.“ Im Vergleich zu Elektronen können sie wesentlich mehr Informationen transportieren, verbrauchen dabei viel weniger Energie und erzeugen weniger Abwärme. Dies macht sie beispielsweise für schnellere und leistungsfähigere Rechner interessant.

Integrierter magnonischer Schaltkreis

In der nun erschienenen Studie beschreiben die Wissenschaftler erstmals einen sogenannten integrierten magnonischen Schaltkreis, in welchem Informationen mittels dieser Teilchen übertragen werden. Wie auch bei gängigen elektronischen Schaltkreisen sind hierbei Leiter und sogenannte Leitungskreuzungen notwendig, um die einzelnen Schaltelemente zu verbinden. In ihrer Simulation ist es den Forschern nun gelungen, eine solche Kreuzung für Magnonen zu entwickeln. „Dazu haben wir in unsere Berechnungen ein Phänomen mit einbezogen, das in der Physik schon bekannt ist und in der Magnonik erstmals zum Einsatz kommt“, sagt Qi Wang. „Wenn zwei Magnonenleiter äußerst eng nebeneinanderliegen, reden die Wellen gewissermaßen miteinander, das heißt, die Energie der Wellen wird vom einen Leiter auf den anderen übertragen.“ In der Optik findet dies schon länger Verwendung, zum Beispiel um Informationen zwischen Lichtwellenleitern (Glasfasern) zu übertragen.

Die Grafik zeigt einen herkömmlichen Schaltkreis (li.) und einen magnonischen Schaltkreis, der mit einer zweidimensionalen Verdrahtung auskommt.
Foto: AG Hillebrands

Dies macht sich auch das „Nano-Magnonik“-Team, ein Teil des Lehrstuhls von Professor Hillebrands um Chumak und Wang, zunutze, um Schaltelemente auf einem magnonischen Chip in einer neuen Art und Weise zu verdrahten. Das Besondere hierbei: Sie kommen bei den Leitungskreuzungen ohne eine dreidimensionale Brückenkonstruktion aus. Bei klassischen Schaltkreisen ist dies notwendig, um den Elektronenfluss zwischen mehreren Elementen zu gewährleisten. „Bei unserem Schaltkreis nutzen wir eine zweidimensionale flache Verdrahtung, bei der die Magnonenleiter nur dicht nebeneinander liegen müssen“, sagt Wang. Diese „Kontaktstelle“ nennen die Forscher direktionalen Koppler. Mithilfe des Modells möchten die Forscher nun einen ersten magnonischen Schaltkreis bauen.

Für die künftige Produktion von Computer-Bauteilen ließe sich beispielsweise mit diesen neuartigen Schaltkreisen Material und dadurch auch Kosten einsparen. Darüber hinaus liegt die Größe der simulierten Bauteile im Nanometerbereich, was mit modernen elektronischen Bauteilen vergleichbar ist. Allerdings ist die Informationsdichte bei Magnonen um ein Vielfaches größer.