Quantenbits per Licht übertragen

Der Quantencomputer rückt näher: Physiker aus Princeton, Konstanz und Maryland koppeln Quantenbits und Licht

Neue Forschungsergebnisse zeigen das Potenzial von Licht als Medium, um Informationen zwischen sogenannten Quantenbits (Grundrecheneinheit des Quantencomputers) zu übertragen. Physikern der Princeton University (USA), der Universität Konstanz und des Joint Quantum Institute (Maryland, USA) ist es gelungen, Quantenbits mit dem elektromagnetischen Feld von Licht zu koppeln. Das Verfahren ermöglicht nicht nur die Übertragung von Informationen zwischen Quantenbits, die nicht direkt nebeneinanderliegen, sondern könnte auch ein störungsfreieres Auslesen der hochempfindlichen Quantenzustände ermöglichen. Die Forschungsergebnisse sind im renommierten Wissenschaftsjournal Nature in der Ausgabe vom 14. Februar 2018 veröffentlicht.

Foto: Schemaansicht Kugelkoordinaten, Ichijiku, Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Die Physiker erzeugten zunächst Quantenbits aus Silicium, indem sie einzelne Elektronen separierten und in Siliciumkammern – sogenannten „double quantum dots“ – einschlossen. Der Drehimpuls des Elektrons, der sogenannte Elektronenspin, dient dabei als Speichermedium der Quanteninformation. Mittels eines Magnetfeldes gelang es den Forschern daraufhin, die Quanteninformation des Elektronenspins auf Licht (Photonen) zu übertragen. Licht besteht aus oszillierenden elektrischen und magnetischen Feldern. Die Forscher koppelten erfolgreich das elektromagnetische Feld des Lichts mit dem Drehimpuls des Elektrons, wodurch das Elektron seine Quanteninformation an das Licht weitergibt.

Quanteninformationen per Licht auf andere Quantenbits übertragen

Dieser Forschungserfolg eröffnet die Möglichkeit, Quanteninformationen per Licht auf andere Quantenbits zu übertragen. Die Kopplung von Quantenbits, die nicht direkt benachbart sind und weiter als nur wenige Nanometer auseinanderliegen, war bis zuletzt eine der großen Herausforderungen der Quantencomputer-Entwicklung.

„Dieses Ergebnis gibt unserer Forschung eine ganz neue Richtung“, schildert Prof. Jason Petta, Ph.D., Professor für Physik an der Princeton University, und zieht einen Vergleich heran: „Wir verlassen damit eine zweidimensionale Landschaft, in der nur direkte Nachbarn zueinander in Kontakt stehen können, und betreten eine Welt, in der jeder mit jedem verbunden ist. Das gibt uns Flexibilität für die Anordnung der Bausteine des Quantencomputers.“

Der theoretische Rahmen des Forschungsprojektes wurde von Konstanzer Seite aus entwickelt, unter Federführung von Prof. Dr. Guido Burkard und Dr. Mónica Benito an der Professur für Theorie der kondensierten Materie und Quanteninformation der Universität Konstanz. „Das Ergebnis eröffnet uns den Weg, das Verfahren nun auch auf komplexere Systeme zu übertragen“, gibt Guido Burkard einen Ausblick und ergänzt: „Eine Stärke unseres siliciumbasierten Ansatzes ist, dass er den Standards der Halbleiterindustrie entspricht.“

Die Forscher nehmen an, dass ihre Methode ein weiteres Problem des Quantencomputers lösen könnte: Quantenbits sind hochempfindlich gegenüber Störquellen von außen, zum Beispiel durch Erschütterungen oder Hitze. Bereits das einfache Auslesen eines Quantenbits kann seinen Quantenzustand zerstören. Der neue Ansatz aus Princeton, Konstanz und Maryland könnte dieses Problem umgehen, da Licht verwendet wird, um die Quanteninformationen auszulesen. Anders als bisherige Ausleseverfahren verändert Licht nur minimal die Position und den Zustand des Elektrons, das die Quanteninformation trägt, und löscht sie dabei nicht.

Quantenbits mit Laserpulsen bei extrem tiefen Temperaturen kontrollieren

Quantencomputer, die bestimmte Probleme im Vergleich zu heutigen Rechnern um ein Vielfaches effizienter lösen können, stecken technisch noch in den Kinderschuhen. Die präzise Kontrolle ihrer Recheneinheiten, der Quantenbits (Qubits), ist außerordentlich herausfordernd, da diese in der Regel sehr kurzlebig sind. Dies gilt insbesondere für Quantenbits, welche in Festkörpern eingebettet sind. Physiker der Saar-Uni haben nun eine neue Methode entwickelt, um solche Qubits in Diamant zu kontrollieren und somit länger für Rechenoperationen nutzbar zu machen. Dafür müssen sie die Quantenbits nahe an den absoluten Temperatur-Nullpunkt herunterkühlen.

Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachmagazins Physical Review Letters publiziert (https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.120.053603).

Jonas Becker, Erstautor der Studie, mit der experimentellen Apparatur zur Kühlung der Quantenbits.
Foto: AG Becher, Saar-Uni.

Es erinnert an den Versuch, mit einem großen Tapetenpinsel und in Boxerhandschuhen die hauchfeinen Konturen der Mona Lisa zu restaurieren: Geht ein Pinselstrich nur ein wenig daneben, ist das Werk ruiniert. Was die Quantenphysiker mit Quantenkontrolle bezeichnen, ist ähnlich kompliziert wie diese – fiktive – kunsthistorische Jahrtausendaufgabe es wäre. Denn den Zustand eines Quantenbits (Qubit), der Recheneinheit eines Quantencomputers, ist extrem flüchtig und labil, so dass es höchst präziser Kunstgriffe bedarf, um diesen nützlichen Zustand möglichst lange zu erhalten.

Physiker der Universität des Saarlandes um die Professoren Christoph Becher und Pavel Bushev haben diesen Überlagerungszustand, in dem sich zum Beispiel ein Atom in zwei Zuständen gleichzeitig befindet, in Kooperation mit Kollegen aus Cambridge bei extrem tiefen Temperaturen von nur vierzig tausendstel Kelvin (vierzig tausendstel Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt) untersucht und mithilfe von Laserpulsen gezielt kontrolliert. Das Quantenbit ist in ihrem Fall ein so genanntes Silizium-Fehlstellen-Farbzentrum, ein gewollt eingebauter „Fehler“ in der atomaren Gitterstruktur eines künstlichen Diamanten, der aus Kohlenstoff besteht. Statt zweier Kohlenstoffatome befinden sich hier zwei Fehlstellen im Gitter, die ein Silizium-Atom in der Mitte einschließen. Die unterschiedlichen Zustände des Defekts können für die Quanteninformationsverarbeitung, also zum Beispiel zum Rechnen, genutzt werden.

Die Physiker mussten dabei aber ein Problem umgehen: Je höher die Temperatur ist, desto stärker werden die Atome des Gitters in Schwingung versetzt, da sie die Energie aus der Umgebung aufnehmen. Je wärmer es also ist, desto stärker ist dieser Effekt. Dabei reichen schon wenige Grad über dem Nullpunkt aus, um die Schwingungen so stark werden zu lassen, dass der angestrebte Überlagerungszustand verloren geht. Mit dem Herunterkühlen des künstlichen Diamanten auf wenige Tausendstel Grad über dem Nullpunkt geraten auch diese störenden Einflüsse in den Hintergrund, da bei solch tiefen Temperaturen die Kristallschwingungen praktisch vollständig ausgefroren sind. Die große Herausforderung hierbei besteht zum einen darin, die einzelnen Qubits mit dem Laser in einem stabilen Quantenzustand zu erzeugen und dort zu halten. Zum anderen darf natürlich nicht zu viel Wärme an den Diamant abgegeben werden, um die tiefen Temperaturen zu erhalten.

Neu, hochauflösend: konfokales Mikroskop

Zu diesem Zweck entwickelte das Team um Doktorand Jonas Becker, der nach seiner Promotion inzwischen an der Universität Oxford forscht, ein neues, hochauflösendes konfokales Mikroskop, welches die Quantenbits präzise darstellen kann und Kontrolle dieser Qubits bei Millikelvin-Temperaturen mittels Laserpulsen ermöglicht. Gegenüber anderen gängigen Kontrolltechniken, etwa mit Mikrowellen, bietet dieses Verfahren den großen Vorteil, dass der Wärmeeintrag durch einen gezielt fokussierten Laser ausschließlich direkt am Qubit erfolgt und zudem sehr gering ist, da bereits wenige Nanowatt an Laserleistung für eine vollständige Kontrolle ausreichend sind. Wie die Forscher im weiteren Verlauf der Experimente herausfinden konnten, verlängern sich die Kohärenzzeiten, in denen das Qubit stabil im Überlagerungszustand existiert, allerdings nur ein wenig.

Neben diesem unerwarteten Resultat – die Physiker hatten eigentlich mit einer deutlichen Verlängerung des Kohärenzzustandes gerechnet –

Die verwendete Kühlapparatur mit konfokalem Mikroskop.
Foto: AG Becher, Saar-Uni.

gewannen sie aber andere wertvolle Erkenntnisse. Sie konnten die Interaktion der Qubits mit ihrer Umgebung detailliert untersuchen und einen weiteren limitierenden Prozess finden, der die Quantenkontrolle stört. Denn in dem künstlich hergestellten Diamanten gibt es neben den „gewollten“ Verunreinigungen, den Silizium-Fehlstellen-Zentrum, an manchen Stellen auch unerwünschte Verunreinigungen, die bei der Herstellung des Diamanten entstehen. Pro einer Million Atome sind das nur 13 „ungewollte“ Verunreinigungen mit Stickstoff-Atomen. Aber schon diese geringe Anzahl an „falschen“ Atomen im Kristallgitter stört mit ihrem Magnetfeld den Überlagerungszustand der gewollten Silizium-Fehlstellen-Zentren. Dieser Effekt wäre den Forschern gar nicht aufgefallen, wenn sie das Experiment nicht so nahe am absoluten Nullpunkt gemacht hätten. Die Störung durch die bereits erwähnte Schwingung, die durch Wärmeeintrag ausgelöst wird, überlagert die Störung durch die Verunreinigungen deutlich.

Dieses Wissen kann nun dazu genutzt werden, neue, noch reinere Proben zu entwickeln, die die gewünschten Eigenschaften aufweisen. Zudem kann die entwickelte Mikroskopietechnik nun dazu genutzt werden, auch andere Kandidaten für Festkörper-Quantenbits bei Millikelvin-Temperaturen mithilfe von optischen Methoden detailliert zu untersuchen.

Wesentliche Quantencomputer-Komponente um zwei Größenordnungen verkleinert

Der nächste Schritt zum Qantencomputer?

Forscher am IST Austria haben kompakte nichtmagnetische Photonenrouter entwickelt. Die mikrometergroßen Bauelemente leiten Mikrowellenphotonen unidirektional und können Qubits vor schädlichem Rauschen schützen.

Quantenbits, auch Qubits genannt, sind die Schlüsselbausteine zukünftiger Quantencomputer. Um eine Berechnung durchzuführen, müssen Signale zu und von den Qubits weg geleitet werden. Gleichzeitig sind Qubits aber extrem empfindlich gegenüber Störungen aus ihrer Umgebung und müssen von unerwünschten Signalen, insbesondere von Magnetfeldern, abgeschirmt werden. Es ist daher ein Problem, dass diejenigen Bauteile, die Qubits vor unerwünschten Signalen schützen sollten, sogenannte nichtreziproke Bauelemente wie Isolatoren oder Zirkulatoren, selbst Magnetfelder erzeugten. Darüber hinaus sind kommerzielle Zirkulatoren mehrere Zentimeter groß, was problematisch ist, da ein Quantenprozessor eine große Anzahl solcher Elemente benötigt. Jetzt haben Wissenschaftler des Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) in Klosterneuburg gleichzeitig mit konkurrierenden Gruppen in der Schweiz und den Vereinigten Staaten die Größe dieser Bauteile um etwa zwei Größenordnungen verringert. Ihre Vorrichtung, deren Funktion sie mit der eines Kreisverkehrs für Photonen vergleichen, ist nur etwa ein Zehntel Millimeter groß und – was vielleicht noch wichtiger ist – sie ist nichtmagnetisch. Ihre Studie wurde in der Open-Access-Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Der neue nichtreziproke Bauteil wirkt wie eine Kreisverkehr für Photonen. Hier zeigen Pfeile die Ausbreitungsrichtung verschiedener Photonen.
IST Austria/Birgit Rieger

Wenn Forscher ein Signal, zum Beispiel ein Mikrowellenphoton, von einem Qubit empfangen wollen, aber gleichzeitig verhindern wollen, dass Rauschen und andere Störsignale denselben Weg zurück zum Qubit nehmen, verwenden sie nichtreziproke Bauteile wie Isolatoren oder Zirkulatoren. Diese Geräte steuern den Signalverkehr, ähnlich wie der Straßenverkehr im Alltag geregelt wird. Aber im Fall eines Quantencomputers sind es nicht Autos, die den Verkehr verursachen, sondern Photonen in Übertragungsleitungen. „Stellen Sie sich einen Kreisverkehr vor, in dem Sie nur gegen den Uhrzeigersinn fahren können“, erklärt Erstautor Dr. Shabir Barzanjeh, Postdoc in der Gruppe von Professor Johannes Fink am IST Austria. „An der ersten Ausfahrt, ganz unten, befindet sich unser Qubit. Sein schwaches Signal kann zur zweiten Ausfahrt ganz oben gelangen. Aber ein Signal, das von dieser zweiten Ausfahrt kommt, kann nicht denselben Weg zurück zum Qubit nehmen. Es wird gezwungen, entgegen dem Uhrzeigersinn zu fahren, und bevor es Ausgang 1 erreichen kann, trifft es auf Ausgang 3. Dort blockieren wir es und verhindern, dass es das Qubit beschädigt.“

Die von der Gruppe entwickelten Zirkulatoren bestehen aus integrierten Aluminiumschaltkreisen auf Siliziumchips. Erstmals wurden dabei mikromechanischen Oszillatoren verwendet: zwei kleine Siliziumbalken, die auf dem Chip wie Gitarrensaiten schwingen und mit dem Schaltkreis interagieren. Diese Bauteile sind winzig: nur etwa einen Zehntel Millimeter im Durchmesser, was einen der Hauptvorteile des neuen Geräts gegenüber seinen traditionellen Vorgängern darstellt, die einige Zentimeter breit waren.

Die Prinzipien von Quantencomputern werden derzeit nur an einigen wenigen Qubits getestet, aber in Zukunft werden Tausende oder sogar Millionen von Qubits miteinander verbunden sein, und viele dieser Qubits benötigen ihren eigenen Zirkulator. „Stellen Sie sich vor, Sie bauen einen Prozessor mit Millionen solcher zentimetergroßen Komponenten. Er wäre enorm groß und unpraktisch“, sagt Shabir Barzanjeh. „Unsere nichtmagnetischen und sehr kompakten Mikrochipzirkulatoren zu verwenden macht das Leben viel einfacher.“ Bis es zu dieser konkreten Anwendung der neuen Bauteile kommt, sind aber noch einige Hürden zu nehmen. So ist die verfügbare Signalbandbreite derzeit noch recht klein und die relativ hohen erforderlichen Eingangsleistungen könnten den Qubits schaden. Die Forscher sind aber zuversichtlich, dass sich diese Probleme als durchaus lösbar erweisen werden.