Wir sind Weltmeister!

In einem atemberaubenden Finale erkämpften sich die Roboter-Fußballer der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) am 21. Juni 2018 erstmals den Weltmeistertitel bei der RoboCup-WM.

Das Nao-Team HTWK, amtierender Deutsche Meister, gewann in Montreal (Kanada) mit einem 1:0 gegen seinen langjährigen „Angstgegner“ B-Human, dem Team der Universität Bremen und des Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Das Siegestor fiel erst in der zweiten Halbzeit – ein Spiel dauert zwei Mal zehn Minuten – und kurz vor Schluss wäre B-Human fast noch der Ausgleich gelungen, doch eine Glanzparade des Leipziger Torwarts konnte dies in letzter Sekunde verhindern.

Der frischgebackene Weltmeister: Das Nao-Team HTWK nach seinem Sieg in Montreal.
Foto: Nao-Team HTWK.
Die Freude war entsprechend groß: „Nach neun Jahren in der Standard Platform League sind wir natürlich extrem glücklich, auf dem obersten Treppchen zu stehen. Das Finale war sehr spannend und es war interessant, die zwei komplett verschiedenen Taktiken zu sehen: Unser Team dribbelt den Ball, B-Human hingegen ist für seine langen, präzisen Schüsse bekannt. Diese Schüsse konnten unsere Verteidiger und vor allem unser Torwart jedoch mit Bravour abfangen“, fasst Teamchef Rico Tilgner das Endspiel zusammen.

In einem spannenden Finale in Montréal (Kanada) erlangte der sechsfache Weltmeister und Titelverteidiger den 2. Platz gegen seinen „Dauerrivalen“ HTWK aus Leipzig. Beide Teams hatten gute Torchancen: das Leipziger Nao-Team HTWK mit seinem unbestechlichen Dribbeln und das Team B-Human der Universität Bremen und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) mit seinen starken und präzisen Schüssen. „Durch die gute Koordination unserer Abwehrspieler konnten wir die meisten Angriffe abwehren“, sagt Dr. Tim Laue, der das Team seit mehreren Jahren betreut. Auf der anderen Seite hat der Leipziger Torhüter mehrfach durch eine Glanzparade ein Tor durch B-Human verhindert. Lediglich einmal hatten die Leipziger dann doch Erfolg.

B-Human setzt Deep Learning-Methoden erstmals bei einer Weltmeisterschaft ein

Glücklicher Zweiter: Am Ende musste sich B-Human nur dem Nao-Team HTWK aus Leipzig geschlagen geben.
Universität Bremen/DFKI GmbH
Das Team B-Human setzt sich derzeit aus mehr als 25 Studierenden zusammen. Davon sind 15 mit nach Kanada gereist. Begleitet wurden sie von den Wissenschaftlern Dr. Thomas Röfer vom DFKI-Forschungsbereich Cyber-Physical Systems, der von Professor Rolf Drechsler geleitet wird, und Dr. Tim Laue aus der Arbeitsgruppe Multisensorische Interaktive Systeme der Universität Bremen. Inhaltlich hat sich das Team in diesem Jahr neu mit dem Thema Deep Learning beschäftigt: dem Trainieren und Nutzen tiefer neuronaler Netze. Diese werden unter anderem dazu verwendet, den Ball zu erkennen. Bereits bei den RoboCup German Open im Frühjahr kamen diese neuen Methoden zum Einsatz. B-Human konnte viele Daten aufzeichnen und wichtige Erkenntnisse gewinnen, um verschiedene Aspekte des Systems zu verbessern, damit die NAOs immer gut am Ball bleiben. Hauptsponsor von B-Human ist die Bremer Firma CONTACT Software, der führende Anbieter von Lösungen für den Produktprozess und die digitale Transformation.

HTWK-Fußballroboter des „Nao-Team HTWK“ erstmals Weltmeister im RoboCup

Klaus Bastian, Professor für Systemprogrammierung an der HTWK Leipzig und Betreuer des Nao-Teams, sagt: „In diesem Turnier und schon im April bei der GermanOpen war deutlich zu sehen, dass die Leipziger Informatiker in verschiedenen Bereichen Fortschritte gemacht haben. Insbesondere die neue Walking-Engine – die Steuerung der Schritte – in Kombination mit dem verbesserten Dribbeln hat unsere Spielstärke deutlich erhöht. Insofern war der Sieg bei den deutschen Meisterschaften in Magdeburg schon ein Indikator, der auf mehr hoffen ließ. Wie man aber am Verlauf des WM-Finales sehen konnte, ist Fußball auch von etwas Glück abhängig. Insgesamt scheint das Niveau in der Standard-Plattform-Liga deutlich ausgeglichener zu sein als in früheren Jahren, was für die Zukunft noch interessante Turniere erhoffen lässt.“

Der Weltmeistertitel ist die Krönung der jahrelangen erfolgreichen Entwicklung des Nao-Teams HTWK. Zuletzt hatte die Mannschaft den deutschen Meistertitel der RoboCup German Open Ende April 2018 in Magdeburg geholt, nach einigen Jahren als Vize.

Hintergrund:

Beim RoboCup treten Hochschulteams in verschiedenen Ligen gegeneinander an. Das Nao-Team HTWK startet in der „Standard-Plattform-Liga“, in der alle Teams die gleichen Modelle nutzen und wo die Herausforderung daher in der Programmierung besteht. Deswegen wird der Nao-Fußball zuweilen auch als „Kampf der Algorithmen“ bezeichnet. Das Nao-Team HTWK besteht aus rund 15 Mitgliedern, die an der HTWK Leipzig Informatik studieren oder als Absolventen bereits im Berufsleben stehen. Bei den vergangenen Weltmeisterschaften errang die Mannschaft jeweils zweite bzw. dritte Plätze in ihrer Liga – mit dem Titel setzt das Team seiner Siegesserie die Krone auf. Übrigens: Ziel des RoboCups ist es, dass im Jahr 2050 Fußballroboter den amtierenden Weltmeister aus Fleisch und Blut besiegen.

Neue Regeln mit Freistößen und Torwartabstößen

Auch in diesem Jahr gab es ein paar Neuerungen in den Spielregeln. Die meisten kamen bereits bei den RoboCup German Open im vergangenen April zum Einsatz, darunter die Einführung von Freistößen und Torwartabstößen, was die Anforderungen an das Teamspiel deutlich erhöhte. Gleichzeitig wurde die nutzbare Bandbreite der WLAN-Kommunikation zwischen den Robotern um fast zwei Drittel reduziert, wodurch Teamabsprachen nun wesentlich kompakter ausfallen müssen. Auch wurden Fouls stärker bestraft, da sich die Dauer von Zeitstrafen mit jeder weiteren empfindlich erhöhte.

Zusatzwettbewerbe wie Elfmeterschießen und „Mixed Team Competition“

Wie bereits im vergangenen Jahr in Japan gab es auch in Kanada zusätzliche Wettbewerbe, wie das Elfmeterschießen in der „Technical Challenge“ und die „Mixed Team Competition“. Beide Turniere gewann das Team B-Human. In der „Mixed Team Competition“ war es zusammen mit dem Team rUNSWift aus Sydney angetreten. Beide Teams stellten jeweils drei Spieler für die gemeinsame Mannschaft namens „B-Swift“.