Quanteninformation mit Schall übertragen

Wie lässt sich Quanteninformation von einem Atom zum anderen übertragen? Ein Team der TU Wien und der Harvard University schlägt vor, Phononen zu verwenden – die Quanten des Schalls.

Mikrowellen beeinflussen die Quanten-Schalter in einem dünnen Diamantstäbchen, die dann durch Schwingungen (Phononen) miteinander gekoppelt werden.
Fotot: TU Wien
Die Quantenphysik ist dabei, einen neuen technologischen Entwicklungsschub auszulösen: Neuartige Sensoren, sichere Datenübertragungsmethoden und vielleicht sogar neuartige Computer sollen durch Quanten-Technologien möglich werden. Das entscheidende Problem daran ist allerdings, ausreichend viele Quantensysteme (etwa einzelne Atome) auf die richtige Weise miteinander zu koppeln und präzise anzusteuern.

Ein Forschungsteam der TU Wien und der Harvard University hat nun einen neuen Weg untersucht, die nötigen Quanteninformation zu übertragen: Sie schlagen vor, winzige mechanische Schwingungen einzusetzen. Die Atome werden dabei durch sogenannte Phononen miteinander gekoppelt – sie sind die kleinsten quantenphysikalischen Einheiten von Schwingungen oder Schallwellen.

Winzige Diamanten mit erwünschten Fehlern

„Wir untersuchen winzige Diamanten mit eingebauten Siliziumatomen – diese Quantensysteme gelten als besonders erfolgversprechend“, sagt Prof. Peter Rabl vom Atominstitut der TU Wien. „Normalerweise bestehen die Diamanten aus reinem Kohlenstoff, doch wenn man an bestimmten Stellen Siliziumatome einbaut, ergeben sich Fehler im Kristallgitter, an denen man Quanteninformation speichern kann.“ Die mikroskopischen Fehler im Diamantgitter lassen sich wie ein winziger Schalter verwenden und mit Hilfe von Mikrowellen zwischen einem Zustand höherer Energie und einem Zustand niedrigerer Energie hin und her schalten.

Gemeinsam mit einem Team der Universität Harvard entwickelte Peter Rabls Forschungsgruppe nun eine neue Idee, diese Quantenspeicher im Diamant kontrolliert miteinander zu koppeln: Man kann sie der Reihe nach, wie Perlen einer Perlenkette, in ein winziges Diamant-Stäbchen einbauen, mit einer Länge im Mikrometerbereich. Ähnlich wie eine Stimmgabel kann ein solches Stäbchen dann zum Schwingen angeregt werden – allerdings handelt es sich dabei um minimale Schwingungen, die nur mit Hilfe der Quantentheorie beschrieben werden können. Und mit diesen Schwingungen lassen sich die Siliziumatome quantenphysikalisch koppeln.

„Licht besteht aus Photonen, den Quanten des Lichts. Und genauso lassen sich auch mechanische Schwingungen oder Schallwellen quantenphysikalisch beschreiben: Sie bestehen aus den sogenannten Phononen, den kleinstmöglichen Einheiten von mechanischen Schwingungen“, erklärt Peter Rabl. Sich die Wie das Forschungsteam nun mit Hilfe von Simulationsrechnungen zeigen konnte, lassen sich mit Hilfe dieser Phononen beliebige Quanten-Speicher im Diamantstäbchen miteinander verbinden. Dazu werden die einzelnen Siliziumatome durch Mikrowellen „ein- und ausgeschaltet“. Sie geben dabei Phononen ab oder nehmen Phononen auf. Damit kann man eine Quanten-Verschränkung unterschiedlicher Silizium-Fehlstellen erzeugen und Quanteninformation übertragen.

Auf dem Weg zum skalierbaren Quanten-Netzwerk

Bisher war völlig unklar gewesen, ob so etwas möglich ist: „Gewöhnlich erwartet man, dass die Phononen irgendwo absorbiert werden, oder in Kontakt mit der Umgebung geraten und dadurch ihre quantenphysikalischen Eigenschaften verlieren“, sagt Peter Rabl. „Phononen sind sozusagen der Feind der Quanteninformation. Wir konnten aber durch unsere Rechnungen nun zeigen, dass mit Hilfe einer passenden Steuerung durch Mikrowellen die Phononen tatsächlich technisch nutzbar sind.“

Ein großer Vorteil der neuen Technologie liegt in ihrer Skalierbarkeit: „Es gibt viele Ideen für Quantensysteme, die sich prinzipiell technologisch nutzen lassen. Das große Problem daran ist, dass es sehr schwierig ist, ausreichend von ihnen zu vernetzen, um etwa komplizierte Rechenoperationen mit ihnen durchführen zu können“, sagt Peter Rabl. Die neue Strategie, Phononen dafür einzusetzen, könnte einen völlig neuen Weg zu einer skalierbaren Quantentechnologie ebnen.

Quantenbits per Licht übertragen

Der Quantencomputer rückt näher: Physiker aus Princeton, Konstanz und Maryland koppeln Quantenbits und Licht

Neue Forschungsergebnisse zeigen das Potenzial von Licht als Medium, um Informationen zwischen sogenannten Quantenbits (Grundrecheneinheit des Quantencomputers) zu übertragen. Physikern der Princeton University (USA), der Universität Konstanz und des Joint Quantum Institute (Maryland, USA) ist es gelungen, Quantenbits mit dem elektromagnetischen Feld von Licht zu koppeln. Das Verfahren ermöglicht nicht nur die Übertragung von Informationen zwischen Quantenbits, die nicht direkt nebeneinanderliegen, sondern könnte auch ein störungsfreieres Auslesen der hochempfindlichen Quantenzustände ermöglichen. Die Forschungsergebnisse sind im renommierten Wissenschaftsjournal Nature in der Ausgabe vom 14. Februar 2018 veröffentlicht.

Foto: Schemaansicht Kugelkoordinaten, Ichijiku, Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Die Physiker erzeugten zunächst Quantenbits aus Silicium, indem sie einzelne Elektronen separierten und in Siliciumkammern – sogenannten „double quantum dots“ – einschlossen. Der Drehimpuls des Elektrons, der sogenannte Elektronenspin, dient dabei als Speichermedium der Quanteninformation. Mittels eines Magnetfeldes gelang es den Forschern daraufhin, die Quanteninformation des Elektronenspins auf Licht (Photonen) zu übertragen. Licht besteht aus oszillierenden elektrischen und magnetischen Feldern. Die Forscher koppelten erfolgreich das elektromagnetische Feld des Lichts mit dem Drehimpuls des Elektrons, wodurch das Elektron seine Quanteninformation an das Licht weitergibt.

Quanteninformationen per Licht auf andere Quantenbits übertragen

Dieser Forschungserfolg eröffnet die Möglichkeit, Quanteninformationen per Licht auf andere Quantenbits zu übertragen. Die Kopplung von Quantenbits, die nicht direkt benachbart sind und weiter als nur wenige Nanometer auseinanderliegen, war bis zuletzt eine der großen Herausforderungen der Quantencomputer-Entwicklung.

„Dieses Ergebnis gibt unserer Forschung eine ganz neue Richtung“, schildert Prof. Jason Petta, Ph.D., Professor für Physik an der Princeton University, und zieht einen Vergleich heran: „Wir verlassen damit eine zweidimensionale Landschaft, in der nur direkte Nachbarn zueinander in Kontakt stehen können, und betreten eine Welt, in der jeder mit jedem verbunden ist. Das gibt uns Flexibilität für die Anordnung der Bausteine des Quantencomputers.“

Der theoretische Rahmen des Forschungsprojektes wurde von Konstanzer Seite aus entwickelt, unter Federführung von Prof. Dr. Guido Burkard und Dr. Mónica Benito an der Professur für Theorie der kondensierten Materie und Quanteninformation der Universität Konstanz. „Das Ergebnis eröffnet uns den Weg, das Verfahren nun auch auf komplexere Systeme zu übertragen“, gibt Guido Burkard einen Ausblick und ergänzt: „Eine Stärke unseres siliciumbasierten Ansatzes ist, dass er den Standards der Halbleiterindustrie entspricht.“

Die Forscher nehmen an, dass ihre Methode ein weiteres Problem des Quantencomputers lösen könnte: Quantenbits sind hochempfindlich gegenüber Störquellen von außen, zum Beispiel durch Erschütterungen oder Hitze. Bereits das einfache Auslesen eines Quantenbits kann seinen Quantenzustand zerstören. Der neue Ansatz aus Princeton, Konstanz und Maryland könnte dieses Problem umgehen, da Licht verwendet wird, um die Quanteninformationen auszulesen. Anders als bisherige Ausleseverfahren verändert Licht nur minimal die Position und den Zustand des Elektrons, das die Quanteninformation trägt, und löscht sie dabei nicht.

Ein Stück näher am Quantencomputer

Du denkst, Du blickst durch? Teleportation ist was aus dem SciFi und digitale Informationsübertragung braucht auf große Entfernung so etwas wie ein Kabel oder wenigstens Satelliten und Funk? Fang schon mal an, Dich daran zu gewöhnen, dass das in zwanzig Jahren Schnee von heute ist. Eine gar nicht ferne Computergeneration wird mit verschränkten Quanten arbeiten.

Das „Dass“ ist schon nicht mehr Gegenstand der Forschung. Es geht seit langem um das „Wie“.

Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Quantenoptik erreichen mit neuer Speichertechnik für photonische Quantenbits Kohärenzzeiten, welche die weltweite Teleportation von Quanteninformation ermöglichen.

Lange Speicherung photonischer Quantenbits für globale Teleportation

Bei der Erforschung von Quantenspeichern zur Realisierung globaler Quantennetzwerke ist Forschern der Abteilung Quantendynamik von Prof. Gerhard Rempe am Max-Planck-Institut für Quantenoptik ein wesentlicher Durchbruch gelungen: auf einem einzelnen, in einem optischen Resonator gefangenen Atom konnten sie ein photonisches Quantenbit über ein Zeitraum von mehr als 100 Millisekunden speichern (Nature Photonics, 11. Dezember 2017). Speicherzeiten dieser Größenordnung sind Voraussetzung für den Aufbau eines Quantennetzwerkes, in dem die Quanteninformation durch Teleportation auf die diversen Netzknoten verteilt wird. „Die von uns erzielten Kohärenzzeiten bedeuten eine Verbesserung um zwei Größenordnungen bezogen auf den gegenwärtigen Stand der Technik“, betont Prof. Rempe.

Licht ist ein idealer Träger für Quanteninformationen, doch beim direkten Transport über große Distanzen gehen wertvolle Quantenbits verloren. Einen möglichen Ausweg bietet hier die Teleportation des Quantenbits zwischen den Endknoten eines Quantennetzwerkes. Hierfür wird zunächst „Verschränkung“ zwischen den Knoten erzeugt; mit Hilfe dieser „spukhafte Fernwechselwirkung“ wird das Quantenbit bei einer geeigneten Messung auf dem Senderknoten „instantan“, d.h., mit sofortiger Wirkung, zum Empfängerknoten übertragen. Dort kann es allerdings „verdreht“ ankommen, so dass es erst entsprechend zurückgedreht werden muss. Die dafür benötigte Information muss vom Senderknoten zum Empfänger auf klassischem Weg geschickt werden. Es dauert also eine gewisse Zeit, bis sie den Empfänger erreicht hat, und solange muss das Quantenbit dort gespeichert werden. Für zwei maximal weit auseinanderliegende Netzknoten auf der Erde entspricht das einer Zeitspanne von mindestens 66 Millisekunden.

Was issn Quantencomputer?

 

Bereits vor ein paar Jahren hat die Gruppe von Prof. Rempe eine Technik entwickelt und erfolgreich erprobt, die in einem Photon kodierte Quanteninformation auf einem einzelnen Atom zu speichern. Dazu wird ein Rubidiumatom im Zentrum eines von zwei Spiegeln höchster Güte (Abstand 500 Mikrometer) gebildeten optischen Resonators plaziert und von zwei stehenden Lichtwellen – parallel und senkrecht zur Resonatorachse – festgehalten. In diesen Resonator schickt man einzelne Lichtquanten, auf denen Quanteninformation in Form einer kohärenten Überlagerung von rechts- und linksdrehendem Polarisationszustand kodiert ist. Durch die zig-tausendfache Reflexion eines Photons im Resonator erhöht sich dessen Lichtfeld so stark, dass es mit dem Atom effektiv in Wechselwirkung treten kann.

Zeitgleich mit der Ankunft des Photons im Resonator wird ein Laserkontrollpuls geschaltet, der die Übertragung und Speicherung der photonischen Quanteninformation in Gang setzt. Dabei werden die beiden Polarisationszustände des Photons auf zwei bestimmte Energieniveaus im Atom abgebildet. Die Frage ist nun, wie lange die kohärente Superposition der atomaren Zustände erhalten bleibt. Dies gelang in den früheren Experimenten nur für die Dauer von einigen hundert Mikrosekunden.

„Unser generelles Problem bei der Speicherung von Quanteninformation ist die sogenannte Dephasierung“, erklärt Stefan Langenfeld, Doktorand am Experiment. „Wesentlich für Quanteninformation ist die Phasenbeziehung der Wellenfunktionen der beiden Energiezustände, die kohärent überlagert sind. In der Praxis geht die Phasenbeziehung der atomaren Superposition im Laufe der Zeit verloren, vor allem aufgrund von Wechselwirkung mit magnetischen Feldfluktuationen.“

Grafik: Christoph Hohmann, Nanosystems Initiative Munich (NIM)

Deshalb ergreifen die Wissenschaftler in ihrem neuen Experiment eine zusätzliche Maßnahme: kaum, dass die Übertragung der Information von Lichtquant auf Atom stattgefunden hat, wird mit einem weiteren Laserstrahl im Atom ein Raman-Übergang induziert, der die Population eines der Energieniveaus kohärent auf ein anderes überträgt. Die resultierende Konfiguration ist etwa 500mal unempfindlicher gegenüber Magnetfeldfluktuationen.

Zum Auslesen des Quantenbits wird der Raman-Übergang rückwärts durchlaufen, und das photonische Quantenbit wird in Bezug auf seine Eigenschaften genauestens untersucht. Die Messungen ergeben eine Übereinstimmung von ca. 90 % mit dem ursprünglichen Photon, und das für Speicherzeiten von 10 Millisekunden. Allein durch die vorübergehende Verschiebung der atomaren Population gelingt also eine mehr als 10fache Steigerung der Kohärenzzeit. Einen weiteren Faktor 10 schaffen die Wissenschaftler mit der sogenannten „Spin-Echo“-Technik. Dabei wird nach genau der Hälfte der Speicherzeit die Population der beiden atomaren Energieniveaus ausgetauscht. „Wir können damit die Quantennatur des gespeicherten Bits über einen Zeitspanne von mehr als 100 Millisekunden lang erhalten“, betont Matthias Körber, Doktorand am Experiment. „Die Vision eines weltumspannenden Quantennetzwerkes wird die abhörsichere und verlustfreie Übertragung von Quanteninformationen ermöglichen. Auch wenn bis zu ihrer tatsächlichen Realisierung noch viel Forschungsarbeit geleistet werden muss, sind langlebige Quantenspeicher doch eine der Kerntechnologien, und deren aktueller Fortschritt bringt uns hoffentlich dem Ziel ein signifikantes Stück näher.“ Olivia Meyer-Streng